Bruder Meinrad Eugster verstehen
Auch wenn das Leben von Bruder Meinrad rein äusserlich betrachtet unspektakulär verlaufen ist, so hat sein Lebenszeugnis dennoch eine Botschaft für alle, die versuchen, den christlichen Glauben zu leben. Für den eigenen, unspektakulären Alltag kann Bruder Meinrad ein Inspirator und Wegbegleiter sein.
Das Gedenkjahr 2025 ist eine Gelegenheit, Bruder Meinrads spirituelle Botschaft zu entdecken und für das eigene Leben fruchtbar zu machen. Diesem Zweck dienen die insgesamt 12 «Bruder-Meinrad-Tag». Jeder «Bruder-Meinrad-Tag» am 14. eines Monats im Jahr 2025 wird thematisch gestaltet sein. Die beiden Tagesthemen sind inspiriert von der Biografie und der spirituellen Botschaft des Ehrwürdigen Dieners Gottes sowie von den Sakramenten der Kirche, aus denen das Leben von Bruder Meinrad seine ganze geistliche Kraft geschöpft hat.
Hier stellen wir sukzessive die spirituellen Impulse an den «Bruder-Meinrad-Tagen» im Jahr 2025 vor:
Einleitung
Demut und Dankbarkeit war zwei sehr ausgeprägte Wesenszüge im geistlichen Profil des ehrwürdigen Dieners Gottes Bruder Meinrad Eugster (1848-1925). Im ersten Impuls anlässlich des Gedenkjahres 2025 zum 100. Todestag von Bruder Meinrad betrachtet Frater Meinrad M. Hötzel deshalb diese beiden grundlegenden Tugenden.
Schriftstelle: Epheserbrief 5,15-21
Achtet also sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht wie Toren, sondern wie Kluge! Nutzt die Zeit, denn die Tage sind böse. 17 Darum seid nicht unverständig, sondern begreift, was der Wille des Herrn ist! Berauscht euch nicht mit Wein - das macht zügellos -, sondern lasst euch vom Geist erfüllen! Lasst in eurer Mitte Psalmen, Hymnen und geistliche Lieder erklingen, singt und jubelt aus vollem Herzen dem Herrn! Sagt Gott, dem Vater, jederzeit Dank für alles im Namen unseres Herrn Jesus Christus! Einer ordne sich dem andern unter in der gemeinsamen Furcht Christi!
Impuls
«Ihr stets dankbarer Bruder Meinrad» So unterschrieb Bruder Meinrad Eugster fast jeden seiner Briefe. «Stets dankbar», das entspricht doch ziemlich gut dem, wozu uns gerade die Lesung aus dem Epheserbrief aufgefordert hat, jederzeit für alles Gott Dank zu sagen. Aber klingt das für uns wirklich erstrebenswert? Dankbar zu sein ist ja nicht immer leicht. Nicht umsonst, erlebt man ja oft, wie Eltern beispielsweise mit einem «Wie sagt man, wenn man etwas geschenkt bekommt?» ihren Kindern das Danken regelrecht antrainieren müssen. Und kennen nicht auch wir Erwachsene viele Situationen, in denen ein «Danke» uns nur schwer über die Lippen kommt, weil zum Beispiel der Gefallen, den uns jemand getan zu haben meint eben nur gut gemeint war, oder sich das Danken einer sehr selbstgefälligen Person gegenüber eher wie eine Selbsterniedrigung anfühlt. Von Bruder Meinrad ist tatsächlich überliefert, dass er wirklich für alles dankte, selbst dann, wenn ihn sein Vorgesetzter bei seinen Hilfsarbeiten im Speisesaal der Mönche unwirsch Aufträge gab oder jähzornig ausrief, wenn Bruder Meinrad mal einen Fehler gemacht hatte. Ist solche Dankbarkeit nicht eher zwanghaft und realitätsvergessen? Ja, verschleiert solches Verhalten nicht Situationen sogar noch, in denen ein Gegenüber seine Macht unangemessen ausübt oder gar missbraucht, anstatt Missstände klar zu benennen und auf Änderung des Verhaltens zu bestehen? Ist man nicht genau wegen der früher in Kirche und der ganzen Gesellschaft weit verbreiteten Erwartung einer solchen Unterwürfigkeit gegenüber Autoritätspersonen inzwischen auch skeptisch geworden bei Schriftzitaten wie dem gerade gehörten «Einer ordne sich dem andern unter in der gemeinsamen Furcht Christi!»? Ist es also aus heutiger Sicht völlig veraltet, vielleicht sogar gefährlich Bruder Meinrads Art, Dankbarkeit zu leben, als Vorbild anzusehen?
Schon unter seinen Mitbrüdern stiess es auf Unverständnis, dass Bruder Meinrad den Schimpftiraden des Bruder Refektoriars widerstandslos und sogar noch dankbar begegnete. Aber als eine den betreffenden Mitbruder schon lange quälende Krankheit unübersehbar wurde, erkannte man auch, dass Bruder Meinrad durch sein ihm gegenüber stets geübtes Verständnis als einziger Zugang zu dem verbitterten und gemarterten Mitbruder fand und ihn bis zu seinem Tod begleiten konnte. Hier erwies sich Bruder Meinrads Dankbarkeit wirklich als Mut zum Dienen, was Demut bedeutet. Und durch diesen Mut, sich auf einen anderen Menschen auch gerade angesichts seiner schwierigen, gar widerwärtigen Seiten einzulassen und Hingabe zu leben, schenkte Bruder Meinrad diesem Mitbruder in seinen schwersten Stunden noch schöne Momente. Gleichzeitig ermöglichte er sich aber sich aber auch selbst, sogar einen sehr sperrigen Menschen positiv sehen zu können, obwohl er selbst ihm nicht viel Gelegenheit dafür bot. Praktizierte er damit nicht vorbildlich, wozu der Epheserbrief auffordert, darauf zu achten, wie man sein Leben führt, um auch in wirklich bösen Zeiten Gott aus vollem Herzen jubeln und Dankbarkeit zeigen zu können? Eine solche Haltung führt nach Erkenntnissen modernen Psychologen aber nicht nur zu einer guten Gottesbeziehung, sondern hilft insgesamt in der Pflege von sozialen Beziehungen und verhilft durch einen positiven Blick auf die Welt auch persönlich zu Zufriedenheit und in der Folge zu besserer psychischer Gesundheit. Man muss Bruder Meinrad also keineswegs Selbstverleugnung und Ignoranz gegenüber schädlichen Machtstrukturen vorwerfen, sondern kann bei ihm auch eine hohe Achtsamkeit im Umgang mit seinen Mitmenschen sehen. Und sein davon geleitetes Verhalten tat letztlich sowohl seinen Mitmenschen als auch ihm selbst gut. Bruder Meinrad bleibt natürlich ein Mensch seiner seit 100 Jahren vergangenen Zeit und seine Lebensgeschichte zeugt auch von Machtstrukturen und einem Umgang damit, die heute nicht imitiert werden dürfen. Jedoch kann es sicher auch heute helfen, Mitmenschen, die man als schwierig erlebt, nicht nur aus der Defensive heraus oder gar selbst aggressiv zu begegnen, sondern mit Demut und Dankbarkeit einen guten Weg des Umgangs miteinander für beide Seiten zu suchen.
Insbesondere die erhaltenen Briefe von Bruder Meinrad können helfen, solche Haltungen der Demut und Dankbarkeit genauer zu umreissen. Bruder Meinrad rät in seinen Briefen sehr häufig dazu, sich in Demut einzuüben und diese zu leben. Insbesondere einer Nichte, die in das Dominikanerinnenkloster Cazis eintrat, gab er dies als Richtschnur für ihr Klosterleben mit. Ihm war es also ein Anliegen, die Bedeutung der Demut herauszustreichen, gerade wenn er die Chance hatte, jüngeren Menschen weiterzugeben, was seines Erachtens Orientierung für ein gelingendes Leben gibt. Er verband dies sehr stark und häufig mit dem heutzutage noch kritischer als Demut gesehenen Begriff des Opfers. So schreibt Bruder Meinrad beispielsweise an seine Nichte: «Mögen Sie, sofern Sie das Klosterleben recht erfasst und berufen fühlet, eine gute lb. Schwester werden und Jesus als Ihr teuerster Bräutigam ein Opfer für Ihn werden und so ganz ihm schenken in Demut und Treue Ihren Gelübden treu halten und so einstens den ewigen, himmlischen Lohn dafür zu Theil werden.» Man kann dies leicht so missverstehen, dass solches Verhalten zu Selbsterniedrigung und Verausgabung führen kann. Jedoch bekommt der Ratschlag klarere Konturen, wenn man liest, wie Bruder Meinrad fortsetzt: «Möget Ihr eine würdige Nachahmerin Ihrer Namenspatronin werden, wie Sie, zu den Füssen im Geiste sich hinwerfen, umfassen seine Liebe, seine Erbarmung und dankend für sein bitteres Leiden u. Sterben am Stamm des hl. Kreuzes, der uns erlöst hat von dem ewigen Tode und den Himmel geöffnet hat, wenn wir ihn lieben und das tägliche Kreuz mit Geduld tragen u. so uns ganz ihm zum Opfer weihen. Oh hl. Magdalena, die du so viel geliebt hast deinen Herrn und Gott, bitte auch für uns, um Vermehrung der Gottes- und Nächstenliebe und um die Beharrlichkeit bis zum Tode, dass wir in hl. Liebe sterben können und so ewig vereint zu den Füssen unseres Bräutigam ihn umfassen u. lieben können durch eine glückselige Ewigkeit.» Indem Bruder Meinrad hier das Vorbild der heiligen Maria Magdalena bemüht, erscheint die sich hinopfernde Demut nicht mehr als eine isolierte Tugend. Stattdessen ist sie ein Merkmal der Liebe zu Jesus Christus, und zwar aus Dankbarkeit für dessen Selbsthingabe an uns Menschen.
Für Bruder Meinrad ist die Demut eine der prägendsten Eigenschaften Christi selbst. So schreibt er in einem anderen Brief, dass an Weihnachten «die Liebe Gottes, das Heil der Welt wieder zu uns voll Demuth und Liebe kommt und nur den Frieden bestärken und beistehen will in allen Tagen dieses Lebens und einstens den himmlischen Frieden bereiten für eine glückselige Ewigkeit». Demut beschreibt also zunächst einmal, wie Gott sich in Jesus Christus auf uns Menschen einlässt und seine Liebe zu uns lebt. Dazu gehört wesentlich, dass Gott uns Menschen beistehen und uns zu einer gelebten Glaubensbeziehung mit ihm verhelfen will, die in seine Nähe, sprich den Himmel führt. Für Menschen heisst, Demut zu leben daher, Gottes Art, mit uns umzugehen, aufzugreifen und weiterzuführen. Dies können wir Menschen nur dank der Hingabe und dem Beispiel Jesu Christi, der diese göttlichen Eigenschaften als Mensch gelebt hat. Bruder Meinrad drückt es so aus: «Der liebe Gott hat uns ja das schönste Bespiel hinterlassen durch seine Demuth. Er hat sich für alle Menschen sich hingeopfert selbst für seine Todfeinde die ihn gekreuzigt haben und für uns sündige Menschen, damit hat er uns sein Beispiel hinterlassen, dass auch wir demuthig und sanftmüthig seien.» Wenn wir aber diesem Beispiel folgen, so ist sich Bruder Meinrad sicher, wird dies nicht ein zwar gottgefälliges Leben sein, das unserem eigenen Wohlbefinden aber schadet, sondern Gott will und wird uns so leiten, dass wir glücklich werden, und zwar nicht erst nach dem Tod in der Ewigkeit, sondern auch schon im Hier und Jetzt.
Von hier aus lässt sich besser verstehen, was es bedeuten kann, sich einander unterzuordnen in der gemeinsamen Furcht Christi, wie wir es vorher im Epheserbrief gehört haben. Zu erkennen, dass sich Christus für meinen Mitmenschen genauso hingegeben hat wie für mich, lässt mich wirklich ehrfürchtig werden, ob dieser alles übersteigenden Liebe Gottes gegenüber uns Menschen. Angesichts dessen kann ich nur in Lob, Jubel, Preis und vor allem Dank ausbrechen. Solche Dankbarkeit aber hätte einen schalen Beigeschmack, wenn sie bei dem hingebungsvollen Überfliessen göttlicher Liebe egoistisch nur auf die eigene Gottesbeziehung und die eigene Erlösung konzentriert bliebe. Stattdessen muss eine solche Dankbarkeit ebenso überfliessen und sich einem jeden Mitmenschen zuwenden und ihm dafür danken, dass er mir von Gott als Mit-Erlöster und Mit-Geliebter geschenkt ist. Wenn man so in jedem Nächsten schon die Ewigkeit und die göttliche Liebe aufblitzen sieht, versteht man, warum Bruder Meinrad tatsächlich jederzeit und für alles im Namen Jesu Christi danken konnte und ihn dies nicht in seinem eigenen Glück einschränkte, sondern gerade Ausdruck davon war, wie glücklich und zufrieden er sich fühlte.
Impuls zum Thema «Demut und Dankbarkeit» beim 1. Bruder-Meinrad-Tag am 14. Januar 2025 von Frater Meinrad M. Hötzel OSB
Impuls dazu am Freitag, 14. Februar 2025
Impuls dazu am Freitag, 14. März 2025
Impuls dazu am Montag, 14. April 2025
Impuls dazu am Mittwoch, 14. Mai 2025
Impuls dazu am Samstag, 14. Juni 2025
Impuls dazu am Montag, 14. Juli 2025
Impuls dazu am Donnerstag, 14. August 2025
Impuls dazu am Sonntag, 14. September 2025
Impuls dazu am Dienstag, 14. Oktober 2025
Impuls dazu am Freitag, 14. November 2025
Impuls dazu am Sonntag, 14. Dezember 2025