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Bruder Meinrad Eugster verstehen

Auch wenn das Leben von Bruder Meinrad rein äusserlich betrachtet unspektakulär verlaufen ist, so hat sein Lebenszeugnis dennoch eine Botschaft für alle, die versuchen, den christlichen Glauben zu leben. Für den eigenen, unspektakulären Alltag kann Bruder Meinrad ein Inspirator und Wegbegleiter sein.

Das Gedenkjahr 2025 ist eine Gelegenheit, Bruder Meinrads spirituelle Botschaft zu entdecken und für das eigene Leben fruchtbar zu machen. Diesem Zweck dienen die insgesamt 12 «Bruder-Meinrad-Tag». Jeder «Bruder-Meinrad-Tag» am 14. eines Monats im Jahr 2025 wird thematisch gestaltet sein. Die beiden Tagesthemen sind inspiriert von der Biografie und der spirituellen Botschaft des Ehrwürdigen Dieners Gottes sowie von den Sakramenten der Kirche, aus denen das Leben von Bruder Meinrad seine ganze geistliche Kraft geschöpft hat. 

Hier stellen wir sukzessive die spirituellen Impulse an den «Bruder-Meinrad-Tagen» im Jahr 2025 vor:

Einleitung

Demut und Dankbarkeit war zwei sehr ausgeprägte Wesenszüge im geistlichen Profil des ehrwürdigen Dieners Gottes Bruder Meinrad Eugster (1848-1925). Im ersten Impuls anlässlich des Gedenkjahres 2025 zum 100. Todestag von Bruder Meinrad betrachtet Frater Meinrad M. Hötzel deshalb diese beiden grundlegenden Tugenden. 

Schriftstelle: Epheserbrief 5,15-21

Achtet also sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt, nicht wie Toren, sondern wie Kluge!  Nutzt die Zeit, denn die Tage sind böse. 17 Darum seid nicht unverständig, sondern begreift, was der Wille des Herrn ist! Berauscht euch nicht mit Wein - das macht zügellos -, sondern lasst euch vom Geist erfüllen! Lasst in eurer Mitte Psalmen, Hymnen und geistliche Lieder erklingen, singt und jubelt aus vollem Herzen dem Herrn! Sagt Gott, dem Vater, jederzeit Dank für alles im Namen unseres Herrn Jesus Christus! Einer ordne sich dem andern unter in der gemeinsamen Furcht Christi!

Impuls

«Ihr stets dankbarer Bruder Meinrad» So unterschrieb Bruder Meinrad Eugster fast jeden seiner Briefe. «Stets dankbar», das entspricht doch ziemlich gut dem, wozu uns gerade die Lesung aus dem Epheserbrief aufgefordert hat, jederzeit für alles Gott Dank zu sagen. Aber klingt das für uns wirklich erstrebenswert? Dankbar zu sein ist ja nicht immer leicht. Nicht umsonst, erlebt man ja oft, wie Eltern beispielsweise mit einem «Wie sagt man, wenn man etwas geschenkt bekommt?» ihren Kindern das Danken regelrecht antrainieren müssen. Und kennen nicht auch wir Erwachsene viele Situationen, in denen ein «Danke» uns nur schwer über die Lippen kommt, weil zum Beispiel der Gefallen, den uns jemand getan zu haben meint eben nur gut gemeint war, oder sich das Danken einer sehr selbstgefälligen Person gegenüber eher wie eine Selbsterniedrigung anfühlt. Von Bruder Meinrad ist tatsächlich überliefert, dass er wirklich für alles dankte, selbst dann, wenn ihn sein Vorgesetzter bei seinen Hilfsarbeiten im Speisesaal der Mönche unwirsch Aufträge gab oder jähzornig ausrief, wenn Bruder Meinrad mal einen Fehler gemacht hatte. Ist solche Dankbarkeit nicht eher zwanghaft und realitätsvergessen? Ja, verschleiert solches Verhalten nicht Situationen sogar noch, in denen ein Gegenüber seine Macht unangemessen ausübt oder gar missbraucht, anstatt Missstände klar zu benennen und auf Änderung des Verhaltens zu bestehen? Ist man nicht genau wegen der früher in Kirche und der ganzen Gesellschaft weit verbreiteten Erwartung einer solchen Unterwürfigkeit gegenüber Autoritätspersonen inzwischen auch skeptisch geworden bei Schriftzitaten wie dem gerade gehörten «Einer ordne sich dem andern unter in der gemeinsamen Furcht Christi!»? Ist es also aus heutiger Sicht völlig veraltet, vielleicht sogar gefährlich Bruder Meinrads Art, Dankbarkeit zu leben, als Vorbild anzusehen? 

Schon unter seinen Mitbrüdern stiess es auf Unverständnis, dass Bruder Meinrad den Schimpftiraden des Bruder Refektoriars widerstandslos und sogar noch dankbar begegnete. Aber als eine den betreffenden Mitbruder schon lange quälende Krankheit unübersehbar wurde, erkannte man auch, dass Bruder Meinrad durch sein ihm gegenüber stets geübtes Verständnis als einziger Zugang zu dem verbitterten und gemarterten Mitbruder fand und ihn bis zu seinem Tod begleiten konnte. Hier erwies sich Bruder Meinrads Dankbarkeit wirklich als Mut zum Dienen, was Demut bedeutet. Und durch diesen Mut, sich auf einen anderen Menschen auch gerade angesichts seiner schwierigen, gar widerwärtigen Seiten einzulassen und Hingabe zu leben, schenkte Bruder Meinrad diesem Mitbruder in seinen schwersten Stunden noch schöne Momente. Gleichzeitig ermöglichte er sich aber sich aber auch selbst, sogar einen sehr sperrigen Menschen positiv sehen zu können, obwohl er selbst ihm nicht viel Gelegenheit dafür bot. Praktizierte er damit nicht vorbildlich, wozu der Epheserbrief auffordert, darauf zu achten, wie man sein Leben führt, um auch in wirklich bösen Zeiten Gott aus vollem Herzen jubeln und Dankbarkeit zeigen zu können? Eine solche Haltung führt nach Erkenntnissen modernen Psychologen aber nicht nur zu einer guten Gottesbeziehung, sondern hilft insgesamt in der Pflege von sozialen Beziehungen und verhilft durch einen positiven Blick auf die Welt auch persönlich zu Zufriedenheit und in der Folge zu besserer psychischer Gesundheit. Man muss Bruder Meinrad also keineswegs Selbstverleugnung und Ignoranz gegenüber schädlichen Machtstrukturen vorwerfen, sondern kann bei ihm auch eine hohe Achtsamkeit im Umgang mit seinen Mitmenschen sehen. Und sein davon geleitetes Verhalten tat letztlich sowohl seinen Mitmenschen als auch ihm selbst gut. Bruder Meinrad bleibt natürlich ein Mensch seiner seit 100 Jahren vergangenen Zeit und seine Lebensgeschichte zeugt auch von Machtstrukturen und einem Umgang damit, die heute nicht imitiert werden dürfen. Jedoch kann es sicher auch heute helfen, Mitmenschen, die man als schwierig erlebt, nicht nur aus der Defensive heraus oder gar selbst aggressiv zu begegnen, sondern mit Demut und Dankbarkeit einen guten Weg des Umgangs miteinander für beide Seiten zu suchen.

Insbesondere die erhaltenen Briefe von Bruder Meinrad können helfen, solche Haltungen der Demut und Dankbarkeit genauer zu umreissen. Bruder Meinrad rät in seinen Briefen sehr häufig dazu, sich in Demut einzuüben und diese zu leben. Insbesondere einer Nichte, die in das Dominikanerinnenkloster Cazis eintrat, gab er dies als Richtschnur für ihr Klosterleben mit. Ihm war es also ein Anliegen, die Bedeutung der Demut herauszustreichen, gerade wenn er die Chance hatte, jüngeren Menschen weiterzugeben, was seines Erachtens Orientierung für ein gelingendes Leben gibt. Er verband dies sehr stark und häufig mit dem heutzutage noch kritischer als Demut gesehenen Begriff des Opfers. So schreibt Bruder Meinrad beispielsweise an seine Nichte: «Mögen Sie, sofern Sie das Klosterleben recht erfasst und berufen fühlet, eine gute lb. Schwester werden und Jesus als Ihr teuerster Bräutigam ein Opfer für Ihn werden und so ganz ihm schenken in Demut und Treue Ihren Gelübden treu halten und so einstens den ewigen, himmlischen Lohn dafür zu Theil werden.» Man kann dies leicht so missverstehen, dass solches Verhalten zu Selbsterniedrigung und Verausgabung führen kann. Jedoch bekommt der Ratschlag klarere Konturen, wenn man liest, wie Bruder Meinrad fortsetzt: «Möget Ihr eine würdige Nachahmerin Ihrer Namenspatronin werden, wie Sie, zu den Füssen im Geiste sich hinwerfen, umfassen seine Liebe, seine Erbarmung und dankend für sein bitteres Leiden u. Sterben am Stamm des hl. Kreuzes, der uns erlöst hat von dem ewigen Tode und den Himmel geöffnet hat, wenn wir ihn lieben und das tägliche Kreuz mit Geduld tragen u. so uns ganz ihm zum Opfer weihen. Oh hl. Magdalena, die du so viel geliebt hast deinen Herrn und Gott, bitte auch für uns, um Vermehrung der Gottes- und Nächstenliebe und um die Beharrlichkeit bis zum Tode, dass wir in hl. Liebe sterben können und so ewig vereint zu den Füssen unseres Bräutigam ihn umfassen u. lieben können durch eine glückselige Ewigkeit.» Indem Bruder Meinrad hier das Vorbild der heiligen Maria Magdalena bemüht, erscheint die sich hinopfernde Demut nicht mehr als eine isolierte Tugend. Stattdessen ist sie ein Merkmal der Liebe zu Jesus Christus, und zwar aus Dankbarkeit für dessen Selbsthingabe an uns Menschen.

Für Bruder Meinrad ist die Demut eine der prägendsten Eigenschaften Christi selbst. So schreibt er in einem anderen Brief, dass an Weihnachten «die Liebe Gottes, das Heil der Welt wieder zu uns voll Demuth und Liebe kommt und nur den Frieden bestärken und beistehen will in allen Tagen dieses Lebens und einstens den himmlischen Frieden bereiten für eine glückselige Ewigkeit». Demut beschreibt also zunächst einmal, wie Gott sich in Jesus Christus auf uns Menschen einlässt und seine Liebe zu uns lebt. Dazu gehört wesentlich, dass Gott uns Menschen beistehen und uns zu einer gelebten Glaubensbeziehung mit ihm verhelfen will, die in seine Nähe, sprich den Himmel führt. Für Menschen heisst, Demut zu leben daher, Gottes Art, mit uns umzugehen, aufzugreifen und weiterzuführen. Dies können wir Menschen nur dank der Hingabe und dem Beispiel Jesu Christi, der diese göttlichen Eigenschaften als Mensch gelebt hat. Bruder Meinrad drückt es so aus: «Der liebe Gott hat uns ja das schönste Bespiel hinterlassen durch seine Demuth. Er hat sich für alle Menschen sich hingeopfert selbst für seine Todfeinde die ihn gekreuzigt haben und für uns sündige Menschen, damit hat er uns sein Beispiel hinterlassen, dass auch wir demuthig und sanftmüthig seien.» Wenn wir aber diesem Beispiel folgen, so ist sich Bruder Meinrad sicher, wird dies nicht ein zwar gottgefälliges Leben sein, das unserem eigenen Wohlbefinden aber schadet, sondern Gott will und wird uns so leiten, dass wir glücklich werden, und zwar nicht erst nach dem Tod in der Ewigkeit, sondern auch schon im Hier und Jetzt. 

Von hier aus lässt sich besser verstehen, was es bedeuten kann, sich einander unterzuordnen in der gemeinsamen Furcht Christi, wie wir es vorher im Epheserbrief gehört haben. Zu erkennen, dass sich Christus für meinen Mitmenschen genauso hingegeben hat wie für mich, lässt mich wirklich ehrfürchtig werden, ob dieser alles übersteigenden Liebe Gottes gegenüber uns Menschen. Angesichts dessen kann ich nur in Lob, Jubel, Preis und vor allem Dank ausbrechen. Solche Dankbarkeit aber hätte einen schalen Beigeschmack, wenn sie bei dem hingebungsvollen Überfliessen göttlicher Liebe egoistisch nur auf die eigene Gottesbeziehung und die eigene Erlösung konzentriert bliebe. Stattdessen muss eine solche Dankbarkeit ebenso überfliessen und sich einem jeden Mitmenschen zuwenden und ihm dafür danken, dass er mir von Gott als Mit-Erlöster und Mit-Geliebter geschenkt ist. Wenn man so in jedem Nächsten schon die Ewigkeit und die göttliche Liebe aufblitzen sieht, versteht man, warum Bruder Meinrad tatsächlich jederzeit und für alles im Namen Jesu Christi danken konnte und ihn dies nicht in seinem eigenen Glück einschränkte, sondern gerade Ausdruck davon war, wie glücklich und zufrieden er sich fühlte.

Impuls zum Thema «Demut und Dankbarkeit» beim 1. Bruder-Meinrad-Tag am 14. Januar 2025 von Frater Meinrad M. Hötzel OSB

Einleitung

«Arbeit und Werktagsheiligung» – so lautet der Titel dieses zweiten Impulses zum Ehrwürdigen Gottes Bruder Meinrad Eugster. Nachdem Frater Meinrad M. Hötzel im ersten Impuls vor genau einem Monat die beiden für Bruder Meinrad sehr spezifischen geistlichen Grundhaltungen der Demut und Dankbarkeit erschlossen hat, darf ich in diesem zweiten Impuls anlässlich des Gedenkjahres 2025 zum 100. Todestag von Bruder Meinrad dessen Verhältnis zur Arbeit unter dem Aspekt der Werktagsheiligung mit Ihnen betrachten. Dazu hören wir zuerst einige Verse aus der Heiligen Schrift.

Schriftlesung: Genesis 1,31-2,3

Gott sah alles an, was er gemacht hatte: Und siehe, es war sehr gut. Es wurde Abend und es wurde Morgen: der sechste Tag. So wurden Himmel und Erde und ihr ganzes Heer vollendet.  Am siebten Tag vollendete Gott das Werk, das er gemacht hatte, und er ruhte am siebten Tag, nachdem er sein ganzes Werk gemacht hatte. Und Gott segnete den siebten Tag und heiligte ihn; denn an ihm ruhte Gott, nachdem er das ganze Werk erschaffen hatte. 

Impuls

Liebe Gläubige! Bruder Meinrad Eugster hat in seinen 50 Jahren als Bruder im Benediktinerkloster Einsiedeln in Arbeit, Gebet und Betrachtung einen Weg der Heiligkeit gesehen hat und ist diesen Weg in aller Konsequenz gegangen. In seinem noch immer lesenswerten Buch «Leben des Dieners Gottes Bruder Meinrad Eugster aus dem Stifte Maria-Einsiedeln» aus dem Jahr 1955 überschrieb Pater Thomas Jüngt ein Kapitel sogar mit «Der Werktagsheilige». Dies ist eine gute Umschreibung eines ganz wichtigen Wesenszugs von Bruder Meinrad: Heiligkeit im alltäglichen Tun. Diesem Aspekt seiner Spiritualität möchte ich in den nachfolgenden Gedanken etwas nachgehen und lade Sie ein, Bruder Meinrad bei seiner Arbeit gleichsam über die Schultern zu blicken.

Schaffen wir uns an dieser Stelle einen Überblick über das Arbeitsleben von Bruder Meinrad. 

Kurz nach der Primarschule begann der junge Josef Gebhard Eugster mit der Arbeit in einer Textilfabrik, um zum Lebensunterhalt seiner Familie und dem Studium seiner Brüder beizutragen. Darauf folgte eine kurze Anstellung als Laufbursche in der Bäckerei Rist in Altstätten. Mit 16 Jahren konnte er dank der Vermittlung seiner guten Mutter in Altstätten die Schneiderlehre beginnen, die er 1866 mit der Gesellenprüfung abschloss. Im April 1867 begann er seine Wanderschaft, die ihn nach Rapperswil, Rorschach und Feldkirch führte. Auf Neujahr 1873 kam Josef Gebhard ins Kloster Einsiedeln, wo er als Angestellter in der Klosterschneiderei beschäftigt wurde und als Bruderaspirant auf die Möglichkeit eines Klostereintritts wartete. Am 5. September 1874 wurde er als Bruder-Novize eingekleidet und legte genau ein Jahr später als Bruder Meinrad die einfachen Gelübde ab, ehe er am 22. September 1878 – dem Hochfest des Einsiedler Kirchenpatrons St. Mauritius – die feierliche Profess ablegte. Schon in diesen ersten Ordensjahren arbeitete Bruder Meinrad in dem von ihm erlernten Beruf als Schneider. Die Klosterschneiderei sollte – ausgenommen die letzten von Krankheit und Gebrechlichkeit geprägten Lebensjahre – fast fünf Jahrzehnte lang sein Arbeitsplatz sein. Neben dieser Hauptbeschäftigung wurden Bruder Meinrad – wie im Kloster üblich – noch eine ganze Reihe Nebenarbeiten auferlegt. So war er von 1877-1880 Untersakristan der Klosterkirche und erlebte in diesen Jahren einen starken Anstieg der Wallfahrtsgruppen, da im Jahr 1877 die Bahnstrecke Wädenswil-Einsiedeln in Betrieb genommen wurde. Der eifrige, von einer starken eucharistischen Frömmigkeit beseelte Bruder Meinrad schien der perfekte Sakristan zu sein. Der Dienst im Gotteshaus bereitete ihm viel Freude und Erfüllung. Doch der Gehorsam erforderte bald ein erstes Opfer. Die Arbeit als Untersakristan sollte auf Ende 1880 mit dem Vestiarum vertauscht werden. In der Folge diente Bruder Meinrad 40 Jahre in der Kleiderkammer des Klosters und verwaltete eine Sammlung aller Arten von Artikeln des täglichen Gebrauchs für die Mönche: Kleidungsstücke, Schuhe, Schirme, Hüte, Koffern und vieles andere mehr. Diese Arbeit hatte natürlich eine gewisse Verwandtschaft mit dem Schneiderhandwerk, das Bruder Meinrad während all der Zeit weiterführte. Doch befanden sich Schneiderei und Vestiarium nicht im selben Gebäude des Klosters und die Wünsche der Mitbrüder waren vielfältig und deren Erfüllung beanspruchte viel Zeit. Auch gab es einen grösseren Aufwand aufgrund der zahlreichen Mönche, welche ausserhalb des Klosters als Seelsorger in den Klosterpfarreien, als Spirituale in den Frauenklöstern oder als Verwalter in den zum Kloster gehörenden Besitzungen wirkten. Diesen Mitbrüdern musste Bruder Meinrad immer wieder Kleidungsstücke und andere Dinge an ihre Wirkungsorte schicken. Deswegen blieb die Flickarbeit an den Kutten der Mönche oft liegen, was die Mitbrüder und Angestellten in der Klosterschneiderei wenig erfreute und den arbeitssamen Bruder Meinrad oft in Verlegenheit brachte. Und dann war Bruder Meinrad über viele Jahre auch noch Zimmerbruder des Subpriors. In dieser Funktion sorgte er für Sauberkeit in dessen Zelle und stand für weitere Dienstleistungen zur Verfügung. Neben der kurzen Zeit als Sakristan der Klosterkirche, den fast 50 Jahren in der Klosterschneiderei und den 40 Jahren als Vestiariumsbruder gibt es noch einen letzten Arbeitsbereich von Bruder Meinrad, der vielleicht der schwierigste war: er war über viele Jahre hinweg Gehilfe des Refektoriumsbruders, wirkte also im Speisesaal der Mönche. Es war nicht diese zusätzliche Arbeit, die das Problem war, sondern der ihm vorgesetzte Refektoriumsbruder, der chronisch gereizt war und Bruder Meinrad oft grundlos zusammenkanzelte. Im Umgang mit diesem schwierigen Mitbruder zeigte sich Bruder Meinrads Tugendhaftigkeit ganz besonders: statt mit Auf- oder Ablehnung zu reagieren, nahm er die krankheitsbedingten Grenzen dieses Mitbruders wahr und blieb ihm in mitbrüderlicher Liebe verbunden. Als der Refektoriumsbruder sterbenskrank wurde, wollte dieser nur von Bruder Meinrad betreut und besucht werden. Und Bruder Meinrad erwies diesem Mitbruder, unter dem er so viel litt, diesen letzten Liebesdienst. Die grosse Schaffenskraft erfuhr im Jahr 1896 eine Zäsur, als er eine schwere Lungenentzündung hatte. Er kam dem Tode nahe und empfing die Sterbesakramente. Doch eine «Rosskur» der beherzten Krankenbrüder brachte die Wende. Auch wenn seine kernige Gesundheit danach nicht zurückkehrte, tat dies seinem Arbeitseifer keinen Abbruch. Erst als Bruder Meinrad selbst von Krankheit gezeichnet war, in den letzten Lebensjahren von 1921 bis 1925, musste der fleissige Schneiderbruder die Arbeit ruhen lassen. Dennoch half er weiterhin, wo immer es ihm möglich war.

Dieser Überblick über seine vielfältigen und nebeneinander hergehenden Arbeiten zeigt, wie stark die Arbeit neben einem treuen Gebetsleben als Laienmönch in der Benediktinerabtei Unserer Lieben Frau von Einsiedeln den Alltag von Bruder Meinrad prägte. Ja, auch Bruder Meinrad kannte Arbeitsstress und die Erfahrung, nicht sämtlichen Anforderungen jederzeit zu genügen. Dennoch blieb er stets freundlich und dienstbereit. P. Thomas Jüngt schreibt dazu in seinem Buch über Bruder Meinrad: «Alles tat er mit so viel Güte und Liebe, dass man eher meinte, ihm zu dienen, als einen Dienst von ihm zu empfangen» (S. 57).

Mit dieser Beobachtung kommen wir zum zweiten Teil meiner Ausführungen über die Aspekte der Arbeit und der Werktagsheiligung im Leben von Bruder Meinrad: der inneren Einstellung, gleichsam dem Geist, in dem er die Arbeit verrichtete, so dass sie zum «Gottesdienst» und zur «Werkstatt der Heiligkeit» wurde.

Die Warnung des heiligen Benedikt «Müssiggang ist der Feind der Seele» (RB 48,1) hat Bruder Meinrad zu Herzen genommen. Als Mönch in der «Schule des heiligen Benedikt» nutzte er jeden Augenblick des Tages für zwei Dinge: Gebet und Arbeit. Mehrere Mitbrüder gaben beim Seligsprechungsprozess folgendes Zeugnis: «Er war ein Muster von Arbeitsamkeit und Fleiss. Nie fand man ihn müssig» (S. 76). Doch ging ihm das Schneiderhandwerk nicht immer leicht von der Hand, was er auch ab und zu den Mitbrüdern in aller Demut eingestand. Doch sein Fleiss ersetzte, was ihm an Talent mangelte und er verstand seine Arbeit immer als Dienst an Gott und an seinen Mitbrüdern. So lag ein besonderer Segen auf seiner Arbeit. Immer wieder hörte man ihn bei der Arbeit das Stossgebet sprechen: «Alles für Jesus!» P. Thomas Jüngt schreibt dazu: «Weil er wirklich alles für Jesus tat, war ihm auch die niedrigste und mindeste Arbeit immer wieder die willkommenste. Den andern überliess er gerne die Anfertigung neuer Gewandstücke, seine Domäne war die oft so unangenehme Flickarbeit» (S. 77). 

Bruder Meinrad hatte immer eine positive Einstellung zur Arbeit, die er auch den Lehrbuben, Angestellten und Mitbrüdern in der Klosterschneiderei vorlebte. Ein schönes Zeugnis sind Worte aus einem Brief an seine Nichte, die Dominikanerschwester M. Magdalena Eugster im Kloster Cazis: «Seid nur recht demütig und allzeit fröhlich und heiter; habt stets Freude an der Arbeit und seid eine gehorsame Schwester. Dann macht Ihr den Obern Freude und noch mehr dem lieben Gott, und allen, die mit Euch verkehren» (Brief an Sr. M. Magdalena vom 15. Januar 1921).

Auch wenn die Arbeit – neben der Mitfeier der Heiligen Messe, dem persönlichen Gebet und der Betrachtung – einen sehr grossen Raum in Bruder Meinrads Alltag einnahm: Sie war für ihn nicht alles. Hier kann er uns in der heutigen Zeit, wo Effizienz und Erfolg bei der Arbeit die höchsten Ziele sind, ein besonderes Vorbild sein. In der ersten gedruckten Biografie von Bruder Meinrad aus dem Jahr 1933 mit dem Titel «Die Heiligen sterben nicht aus», stehen die folgenden Worte: «Dass jede, auch die geringste Arbeit für ihn ein Gottesdienst war, begriffen alle, die ihn kannten und beobachteten. Wie vielen Mitbrüdern er im Laufe der Jahre die Kleidung verfertigt, steht in keinem irdischen Lieferungs- und Rechnungsbuch. Dabei war der kleine Schneiderbruder keineswegs etwas ein finsterer, sauertöpfischer Sonderling, sondern erwies sich stets zuvorkommend und freundlich, zur Zeit der Erholung ungezwungen heiter und gesellig» (S. 14). «So sehr der liebe Br. Meinrad das Gebet und die Arbeit liebte, so war er doch auch stets bereit, in die Erholung zu gehen und da sein Bestes zur Erheiterung und Abwechslung beizutragen» (S. 24). 

Liebe Gläubige, möchte Sie zum Schluss ermutigen, bei den vielfältigen Herausforderungen, welche der Arbeitsalltag mit sich bringt, immer wieder an Bruder Meinrad zu denken und ihn zum Vorbild zu nehmen beim nicht leichten, aber doch so segensreichen Versuch, unser tägliches Tun, unsere Arbeit und unsere Mühen als «Gottesdienst» zu sehen und zu tun. Bruder Meinrads Stossgebet «Alles für Jesus» kann uns helfen, der Arbeit einen geistlichen Charakter zu geben, über unserem Tun gleichsam den Himmel offen zu halten und schon in dieser Erdenzeit Gottes Ewigkeit hineinströmen zu lassen. Und ich schliesse mit einem Zitat von Papst Franziskus, das den Schneiderberuf von Bruder Meinrad und die Werktagsheiligkeit in einem prägnanten Wort sinnreich zusammenfasst: «Der Herr hat uns allen einen guten Stoff gegeben, um Heiligkeit in unser tägliches Leben zu weben» (Papst Franziskus, Ansprache beim Angelus-Gebet am 8.12.2021).

Impuls zum Thema «Arbeit und Werktagsheiligung» beim 2. Bruder-Meinrad-Tag am 14. Februar 2025 von Pater Philipp Steiner OSB

Einleitung

In diesem dritten Impuls anlässlich des Gedenkjahres zum 100. Todestag von Bruder Meinrad Eugster (1848-1925) betrachten wir einen weiteren, sehr charakteristischen Aspekt der Persönlichkeit von Bruder Meinrad: seine Einfachheit und Schlichtheit. Als Einstimmung darauf hören eine Episode aus dem Matthäusevangelium.

Schriftlesung: Matthäus 18,1-5

In jener Stunde kamen die Jünger zu Jesus und fragten: Wer ist denn im Himmelreich der Grösste? Da rief er ein Kind herbei, stellte es in ihre Mitte und sagte: Amen, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen. Wer sich so klein macht wie dieses Kind, der ist im Himmelreich der Grösste. Und wer ein solches Kind in meinem Namen aufnimmt, der nimmt mich auf. 

Impuls

Liebe Verehrerinnen und Verehrer von Bruder Meinrad! Mit diesem kurzen Abschnitt aus dem Matthäusevangelium haben wir eine äusserst passende Einstimmung auf diese Betrachtung des Lebens von Bruder Meinrad mit dem Fokus auf den Aspekten der Einfachheit und Schlichtheit gehört. Denn das Kindwerden vor Gott ist das christliche Lebensprogramm par excellence. Der selige Benediktinerabt Columba Marmion (1858-1923), ein Zeitgenosse von Bruder Meinrad, der diesem zwei Jahre früher in die Ewigkeit vorausgegangen ist, hat mit einer prägnanten Formulierung den Nagel auf den Kopf getroffen: «Wir müssen aus Gnade werden, was Christus von Natur aus ist: Kinder Gottes». 

Wenn wir uns in dieser Betrachtung also mit «Einfachheit und Schlichtheit» im Leben von Bruder Meinrad Eugster befassen, dann möchte ich das Kindwerden und Kindsein vor Gott als unsere tiefste christliche Berufung immer mitgedacht wissen. Es geht dabei nicht um ein «kindisch» werden, das mit Unreife zu tun hat, sondern das, was Jesus uns im vorhin gehörten Abschnitt aufgetragen hat: «Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Himmelreich hineinkommen». 

Bruder Meinrad Eugster hat diese Berufung in beispielhafter Weise gelebt. Er ist damit aber kein «spektakulärer» Heiliger geworden: jemand, zu dem wir mit Bewunderung und Ehrfurcht aufblicken, über dessen gewaltiges Lebenswerk wir nur Staunen können. Bruder Meinrad gehört nicht zu den Helden der Kirchengeschichte und erst recht nicht zu den Grossen in dieser Welt. Aber vielleicht hat Bruder Meinrad gerade durch seine Einfachheit und Schlichtheit eine wichtige Botschaft speziell für unsere Zeit. 

Leben wir nicht in einer Zeit, in der sich viele Menschen angesichts einer überwältigenden medialen Informationsflut, der Ohnmacht gegenüber den Machenschaften der Mächtigen dieser Welt, der Komplexität im Umgang mit neuen technischen Errungenschaften wie der Künstlichen Intelligenz und der Brüchigkeit menschlicher Beziehungen ein Leben in Einfachheit und Schlichtheit wünschen? Ein Leben, gehalten von der Liebe Gottes, das in ihm seinen Ruhepol findet?

Inmitten dieser Herausforderungen unserer Zeit blickt uns Bruder Meinrad in der bekannten Schwarzweiss-Fotografie mit seinem klaren Blick an. Man spürt: dieser Mensch hat seine Mitte gefunden. Er lebt aus der Kraft und Freude seiner von Gott geschenkten Berufung. Natürlich: Bruder Meinrad lebte als Mensch des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts in einer Zeit, die sich stark von unserer heutigen unterscheidet. Und doch war auch er in eine Zeit hineingestellt, die von fundamentalen Umwälzungen geprägt war: Bruder Meinrad wurde 1848, im Gründungsjahr der modernen Schweiz und nur ein Jahr nach dem letzten bewaffneten Konflikt auf dem Gebiet der Schweiz, geboren, er war Zeitzeuge einer rasanten Industrialisierung, die gleichzeitig Segen und Fluch war, und er erlebte in seinen späteren Lebensjahren den schrecklichen Ersten Weltkrieg, das Ende von Herrscherdynastien, die Europa über Jahrhunderte geprägt hatten, sowie die Spanische Grippe, die viele Millionen Menschenleben forderte. Es ist erstaunlich: All diese grossen Themen der damaligen Welt finden keinen Widerhall in den Briefen von Bruder Meinrad. Denn inmitten der Umwälzungen jener Epoche konnte Bruder Meinrad einen inneren Frieden bewahren, der noch heute ausstrahlt – einen Frieden, der die Frucht der Gotteskindschaft ist. Diesen Frieden können auch wir erfahren, wenn wir uns von Bruder Meinrads Lebens- und Glaubenszeugnis inspirieren lassen und indem wir das Wort von Dom Columba Marmion umzusetzen versuchen: «Wir müssen aus Gnade werden, was Christus von Natur aus ist: Kinder Gottes».

Wenn nun also Einfachheit und Schlichtheit wesentliche Aspekte der Gotteskindschaft sind, dann wollen wir diesen nun im Leben von Bruder Meinrad etwas nachgehen. Wenn wir in den von Einsiedler Benediktinern verfassten Schriften über Bruder Meinrad nachlesen, dann finden wir zu unserem Thema einige hilfreiche Hinweise. 

Pater Thomas Jüngt schreibt in seinem Buch «Leben des Dieners Gottes Bruder Meinrad Eugster aus dem Stifte Maria-Einsiedeln» im Kapitel mit dem bezeichnenden Titel «Wahr und klar» folgendes: 

«Es gibt Leute, die meinen, man müsse, um übernatürlich zu werden, unnatürlich sein. Alles Unnatürliche ist unecht. […] An Br. Meinrad finden wir alles einfach und natürlich, gar nichts Verzerrtes, Gemachtes oder Gekünsteltes. Er hat eben das Wort des Heilandes vom Kindwerden erfasst und strebte in der Schule des hl. Benedikt nach dem Ideal des Gotteskindes. […] Er wollte wahr und klar sein vor Gott und den Menschen. Obwohl er wenig sprach, am wenigsten über sich selber, so merkte man doch sofort, dass man einer ganz aufrichtigen, goldlautern Seele ohne Falsch und Arg gegenüberstand. Er hatte nichts zu verbergen und wollte es auch nicht. Einzig sein Tugendleben sollte geheim bleiben, aber das wünschte er ebenfalls aus Aufrichtigkeit. Denn der Diener Gottes fürchtete, man könnte wegen der paar kleinen Dinge, die er tat, irgend etwas Grösseres bei ihm vermuten, was nach seiner Überzeugung falsch gewesen wäre» (S. 105). 

Liebe Freunde von Bruder Meinrad! Der ehrwürdige Diener Gottes war nach diesem Zeugnis von Pater Thomas Jüngt ein besonders authentischer Mensch. Er spielte keine Rolle, sondern er lebte seine Berufung. Dabei baute die Gnade Gottes auf der Natur auf, die der Schöpfer in das Kind des St. Galler Rheintales hineingelegt hatte.

Es ist beeindruckend, wie Pater Chrysostomus Zürcher in seinem Buch mit dem Titel «Mann Gottes, Bruder Meinrad Eugster» die vielen guten Anlagen des ehrwürdigen Dieners Gottes erwähnt, ohne der Leserschaft dabei auch seine Unzulänglichkeiten und Schwächen zu verschweigen. Im Kapitel «Gottes Kraft in menschlicher Schwachheit» lesen wir folgende aufschlussreiche Zeilen: «Bruder Meinrad brachte eine gesund entfaltete Menschlichkeit, verbunden mit aufrichtiger Frömmigkeit mit ins Kloster; er trat aber nicht als Heiliger ein; auch er hatte mit menschlichen Unvollkommenheiten zu kämpfen. So war er öfters etwas hastig beim Laufen und bei der Arbeit; gelegentlich konnte er in Eifer geraten; die Ordnung im Vestiarium war nicht immer vorbildlich. In späteren Jahren stotterte er leicht […]. Unter dem Wirken des Hl. Geistes kamen die übernatürlichen wie natürlichen Qualitäten Bruder Meinrads mehr und mehr zur Vollentfaltung. Im reifen Mannesalter war er ein abgeklärter, selbstloser Mensch, voll verstehender, sich verschenkender Güte. […] Er war gerade, einfach, sehr bescheiden und zuvorkommend, ohne aufdringlich zu wirken. […] In seinem Reden und seinen Anordnungen war er überlegt, verständig und umsichtig. […] Trotz seiner Liebenswürdigkeit war er kein Schmeichler oder Schönredner; er pflegte sich offen und frei zu äussern und konnte, wenn notwendig, furchtlos und entschieden sich für seine Überzeugung einsetzen. Man wusste bei ihm immer, woran man war.» (S. 37-38). 

Soweit Pater Chrysostomus Zürcher mit seinem nuancenreichen Charakterbild von Bruder Meinrad. Der kleine Schneiderbruder mit dem grossen Herzen war also «gerade» und «einfach» - und diese beiden Begriffe scheinen mir dessen Charakter auf den Punkt zu bringen. Diese innere Haltung, die ein authentischer Ausdruck der Berufung des Gotteskindes ist, zeigte sich auch im äusseren Sein von Bruder Meinrad. Seine Mitbrüder bestaunten schon zu Lebzeiten seine grosse Anspruchslosigkeit beim Essen, bei der Kleidung, in der Einrichtung seines Zimmers. Bruder Meinrad lebte arm, aber nicht ärmlich. Er kleidete sich bescheiden, kam aber nicht verwahrlost daher. Wenn Bruder Meinrad in den letzten Lebensjahren aufgrund eines Magenleidens eine strenge Diät einhalten musste, dann beteuerte er den gutmeinenden Küchenbrüdern immer wieder: «Nur nichts Besonderes, nur keine Ausnahmen, wenn es nicht nötig ist». Bruder Meinrad war glücklich und zufrieden mit dem, was er hatte. Auch wenn uns heutigen Menschen sein Lebensstil im Kontext eines Benediktinerklosters Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts als sehr spartanisch vorkommen muss: Sein Sinn für Einfachheit und Schlichtheit im Alltag kann uns ein Vorbild sein.

Doch in unserer komplexen Welt von heute suchen auch zahlreiche Menschen ohne religiösen Hintergrund nach einem einfachen Alltag. Für uns Christinnen und Christen ist dies jedoch keine blosse Frage des Lifestyles und der psychischen Ausgeglichenheit. Vielmehr erfüllen wir damit einen konkreten Auftrag zum Zeugnis für die Welt. Pater Martin Werlen verbindet dies in seiner Schrift «Ihr stets dankbarer Bruder Meinrad» mit dem christlichen Auftrag: «In der Gegenwart Gottes leben». Er schreibt dazu: «Der Mensch, der in Gottes Gegenwart lebt, ist ein einfacher Mensch. […] Der Mensch, der in Gottes Gegenwart lebt, wird selbst immer transparenter auf Gott hin. Er bezeugt durch sein Leben Gottes Gegenwart in dieser Welt. […] Bruder Meinrad lehrt uns, dass wir nichts Grosses und Ausserordentliches vollbringen müssen, damit wir überzeugende Menschen werden. In Gottes Gegenwart leben ist etwas, das wir alle tun können» (S. 32-34).

Liebe Verehrerinnen und Verehrer von Bruder Meinrad, ich wünsche uns allen, dass wir alle immer mehr von der Verehrung zur Nachahmung von Bruder Meinrad geführt werden – besonders auch auf dem Weg zu einem schlichten und authentischen Glaubenszeugnis. Die Berufung zur Gotteskindschaft kann uns dabei Orientierung schenken, wohin die Reise gehen soll: an Gottes Herz, das aus Liebe zu uns schlägt. In Jesus Christus ist uns dieses Herz offenbart worden als ein Herz, das aus Liebe verwundet ist. Möge Bruder Meinrad uns vom Himmel aus helfen, selber unsere Berufung als einfache und schlichte Menschen zu leben, indem wir transparent auf Gott hin werden, damit die Welt in uns Jesus Christus erkennen kann: Gottes geliebten Sohn. 

Impuls zum Thema «Einfachheit und Schlichtheit» beim 3. Bruder-Meinrad-Tag am 14. März 2025 von Pater Philipp Steiner OSB

Einleitung

Die Heilige Messe war für Bruder Meinrad Höhepunkt des Tages und Quelle der Kraft für seine Aufgaben. In der Hingabe des Herrn, der sich in der Eucharistie uns schenkt, lernte der ehrwürdige Diener Gottes, auch selbst eine Gabe und ein Opfer zu sein, das Gott gefällt. In diesem Impuls lüftet Frater Meinrad M. Hötzel ein wenig das Geheimnis der Liebe von Bruder Meinrad zum Eucharistischen Herrn. Dadurch kann der schlichte Schneiderbruder auch für uns heute Inspiration sein, die Bedeutung der Heiligen Messe neu zu entdecken und als Kraftquelle für uns zu erschliessen.

Schriftlesung: Epheserbrief 5, 1-2

Ahmt Gott nach als seine geliebten Kinder und führt euer Leben in Liebe, wie auch Christus uns geliebt und sich für uns hingegeben hat als Gabe und Opfer, das Gott gefällt!

Impuls

Am 15. April 1860, dem Weissen Sonntag vor 165 Jahren, hat Bruder Meinrad Eugster die Erstkommunion empfangen. Deswegen nehmen wir für den heutigen Impuls zu Bruder Meinrad seine Beziehung zur Eucharistie in den Blick. In den Akten des Seligsprechungsprozesses wurden die Zeuginnen und Zeugen auch befragt über ihre Beobachtungen der eucharistischen Frömmigkeit und Praxis Bruder Meinrads. Alle berichteten, wie gern und wie andächtig Bruder Meinrad die Eucharistie mitgefeiert und den Leib Christi empfangen hat. Dabei ist mir aufgefallen, dass häufig nachgehakt wurde, wie oft er denn die Kommunion empfangen habe. Denn man kannte die enorme Strenge der römischen Behörden bei Seligsprechungsverfahren und so wusste man, dass der eigens dafür bestellte advocatus diaboli (Anwalt des Teufels) auch bei Bruder Meinrad nach Mängeln seiner umfassenden Tugendhaftigkeit suchen würde. Bei jemandem mit einer solchen Liebe zum Empfang der Eucharistie wie Bruder Meinrad könnte man da schnell vermuten, dass er vor lauter Eifer die Kommunion täglich empfangen haben könnte, noch bevor dies 1905 durch Papst Pius X. erlaubt worden war. Vorher war beschränkt, wann und wie oft Nichtpriester die Kommunion empfangen durften und somit bestand die Möglichkeit, dass Bruder Meinrad gegen kirchliche Vorschriften verstossen habe. Dafür wurden in den Zeugenaussagen keine Hinweise gefunden. Aber es ist schon vielsagend, dass dem überhaupt nachgeforscht wurde. Offenbar merkte man Bruder Meinrad seine Liebe zur Eucharistie und seinen Eifer, den Leib Christi zu empfangen, deutlich an. Daher lohnt es sich, dem genauer nachzuspüren, was die Eucharistie für Bruder Meinrad bedeutet hat.

Bruder Meinrad war tatsächlich 1905 überaus froh, als endlich die tägliche Kommunion gestattet wurde. Häufig die Möglichkeit zu haben, Jesus Christus so innig zu begegnen, ja seinen Leib in sich aufnehmen zu dürfen, empfand er als eine der grössten Gnaden des Ordenslebens. In diesem Sinne schrieb er 1919 an seine Nichte Maria Anna, die sich auf ihren Eintritt ins Dominikanerinnenkloster Cazis vorbereitete: «Bringet dem Herrn stets ein reines Herz entgegen, besonders da Ihr die Gnade habet, Ihren Bräutigam Jesu Christum so oft in der heiligen Kommunion zu empfangen.» In der Kommunion erlebte er ganz unmittelbar die Gegenwart Gottes und Gottes Eintreten in sein menschliches Dasein und seinen Alltag. So setzte er den Brief an seine Nichte fort mit den Worten: «Denket stets an die Gegenwert Gottes: Er ist ja in Euch mit seiner Gnade und Liebe. Er wird Euch beistehen, wenn Versuchungen kommen und Kraft geben die täglichen Sorgen und Kreuzlein, die kommen mögen, mit Geduld, ja mit Freuden zu tragen.» Dies war für ihn bereits ein Vorgeschmack des Himmels, den er im Empfang der Eucharistie hier auf Erden erleben durfte. So schrieb er es seiner Nichte, bereits als Sr. Maria Magdalena, ein Jahr später: «Beten wir mit und füreinander, dass wir gut sterben können, besonders jetzt in der heiligen Fastenzeit und lieben wir Jesu über Alles besonders wenn wir das Glück haben, Jesu täglich im heiligsten Altarsakrament empfangen zu können. Haben wir einen grossen Glauben und eine kindliche Liebe zu ihm und wie wir ihn jetzt im Glauben empfangen, mögen wir ihn einst im Schauen besitzen in ewiger Herrlichkeit.» Nicht nur sich selbst, sondern die ganze Welt wollte er in der Eucharistie Gott anvertrauen. Dabei hatte er die Zuversicht, dass Gott alles und alle zum Heil führen kann.

In einem Brief zum neuen Jahr 1921 formulierte er das folgendermassen: «Es sind noch immer böse Zeiten. Wir wissen nicht, was das neue Jahr noch Alles bringen wird. Doch wir wollen Alles dem lieben Heiland im allerheiligsten Altarsakrament zu Füßen legen, er möge uns beschützen und führen wohin der heiligste Wille Gottes uns haben will. Ihm sei unser Leben geweiht, auf daß wir Barmherzigkeit finden und uns einstens die Freuden des Himmels zu Theil werde.»

Er wollte stets mit anderen teilen, dass er in dieser Vereinigung mit Gott erlebte, Gott alles anvertrauen und in seine Hände legen zu können. Er schrieb im gerade zitierten Brief von 1921 an einen befreundeten Priester, dem er ein langes segensreiches Wirken wünschte: «Wir wollen für Sie beten, haben wir ja das Glück täglich so vielen hl. Messen beizuwohnen und die hl. Kommunion zu empfangen.» Die Kommunion war für ihn insgesamt einer der wichtigsten Momente, um für andere Menschen zu beten und Gott um Segen für sie zu bitten. Dies versprach er häufig in Briefen; ja, er machte sein Empfangen der Kommunion sogar immer wieder zum Geschenk für andere, indem er sie im Gebetsgedenken eines anderen für diese Person aufopferte. Mitfeier und Empfang der Eucharistie bedeuteten für ihn, alle Sorgen und Herausforderungen des Lebens loslassen zu können. Denn in der Feier des Opfers Jesu Christi für uns Menschen zeigte sich ihm, dass er Gott voll und ganz vertrauen konnte. So konnte er dank und in der Eucharistie gewiss sein, dass Gott alle Hilfe zuteilwerden lasse, die ein Mensch nötig habe. Damit versuchte er auch Menschen Trost zu spenden, die sich mit ihren Problemen und Sorgen an ihn wandten: «Will täglich Sie in mein schwaches Gebet empfehlen bei der Hl. Messe, Kommunion, und so Alles dem lieben Gott nach seinem heiligsten Willen überlassen und voll Vertrauen auf seine Hilfe hoffen. Werdet ja nicht muthlos. Nehmet ein Tag nach dem anderen. Alles dem lieben Gott aufopfern, seinem Schutze und Hilfe fest vertrauen.» 

Warum aber konnte er aus der Feier des Opfers in der Messe und dem Gedanken des Aufopferns solches Vertrauen schöpfen? In der heiligen Messe feiert die Kirche die Hingabe Jesu Christi für uns Menschen und dankt dafür, was Eucharistie aus dem Griechischen übersetzt bedeutet. Jesus Christus war bereit, sich der Bosheit und Sündhaftigkeit der Menschen auszusetzen und am Kreuz im Vertrauen auf Gott, der all das überwinden kann, zu sterben. Dies bewegte und beeindruckte Bruder Meinrad zutiefst: «Ich vertraue auf seine Barmherzigkeit und Liebe, der uns so sehr geliebt hat und sein Herzblut für uns vergossen hat.» Deswegen wollte er und forderte auch seine Nichte auf «zu den Füssen im Geiste sich hinwerfen, umfassen seine Liebe, seine Erbarmung und dankend für sein bitteres Leiden und Sterben am Stamm des heiligen Kreuzes, der uns erlöst hat von dem ewigen Tode und den Himmel geöffnet hat, wenn wir ihn lieben und das tägliche Kreuz mit Geduld tragen und so uns ganz ihm zum Opfer weihen.» Der Gedanke des Opfers ist für ihn also die einzig mögliche Antwort auf das unbeschreiblich grosse Opfer Jesu Christi. Denn in ihm hat sich Gott aus Liebe zu uns Menschen selbst hingegeben. Dieses Beispiel zeigt Bruder Meinrad aber auch, dass Opfer eben nicht sinnlose Selbstaufgabe bedeutet, sondern überfliessende Liebe ist. Solche aufopferungsbereite Liebe verschlimmert nicht die eigene Not. Sie negiert nicht den eigenen Wert und erniedrigt nicht die eigene Person, sondern führt aus allem Leid heraus, indem sie zu ewigem Leben und wahrem Glück führt. Dies lebte Christus für alle Menschen vor, was Bruder Meinrad so ausdrückte: «Er hat sich für alle Menschen hingeopfert selbst für seine Todfeinde die ihn gekreuzigt haben und für uns sündige Menschen, damit hat er uns sein Beispiel hinterlassen, daß auch wir demuthig und sanftmüthig seien.» So stellte es für ihn die Grundlage aller Tugenden dar, aus Gottvertrauen bereit zu sein zu Opfer und Hingabe, und zwar weil Gott in Jesus Christus diesen Weg vorangegangen ist. Ganz im Sinne der Aufforderung aus dem Epheserbrief, die wir vorher gehört haben. Konkret erlebte er dieses Leben aus Liebe, wie es Christus gelebt hat, in Feier und Empfang der Eucharistie. Deswegen führte ihn diese auch immer mehr in eine solche Haltung der aufopferungsvollen Liebe. Passend zur Karwoche, in der wir uns gerade befinden, sah er dies als wahre Gemeinschaft mit dem kreuztragenden Christus an und wünschte, wie hier einem Mitbruder zum Namenstag, darin bereits einen Vorgeschmack des Himmels zu erahnen: «Möge Ihnen das tägliche Kreuz, das durch Ihre vielen Sorgen, strengen Arbeiten und Unannehmlichkeiten oft hart drücken mag, im Hinblick auf Jesu Christus, der uns das Kreuz vorangetragen hat und in der Hoffnung auf die ewige Vergeltung, süß und angenehm werden und Sie so gleichsam schon auf dieser Erde jenen Vorgeschmack fühlen, durch ein ruhiges freudiges Gewissen, Frieden der Seele, immer mehr brennende Liebe für Jesus und so einstens in dieser Liebesglut aufgelöst, ewig im Himmel bei Ihrem lieben heiligen Namenspatron sich freuen zu können.» Er verstand das ganze Leben aus dieser Haltung der Hingabe als ein Zugehen auf Ostern, also das eigene und allgemeine Eingehen in die Auferstehung Christi: «Danket dem lieben Gott für Alles, was er für uns gelitten hat, und nehmet gerne Eure täglichen Opfer, Mühen und Beschwerden mit Vereinigung mit Jesu auf euch, es geht ja Alles vorüber und es wird auch einstens Ostern werden und ein fröhliches Alleluja wird Euch und mir und all den lieben Unsrigen entgegen schallen am Ende unseres Lebens.» 

Impuls zum Thema «Eucharistie und Hingabe» beim 4. Bruder-Meinrad-Tag am 14. April 2025 von Frater Meinrad M. Hötzel OSB

Einleitung

Der Impuls anlässlich des fünften Bruder-Meinrad-Tages im Mai nimmt den Tag der Priesterweihe von Bruder Meinrads leiblichem Bruder Johann Jakob Eugster am 3. Mai 1868 zum Anlass, über die Aspekte von Weihe und Heiligkeit nachzudenken.

Schriftlesung: Erster Brief des Apostels Petrus 1,13-16

Deshalb umgürtet euch und macht euch bereit! Seid nüchtern und setzt eure Hoffnung ganz auf die Gnade, die euch bei der Offenbarung Jesu Christi geschenkt wird! Als Kinder des Gehorsams gebt euch nicht den Begierden hin, wie früher in eurer Unwissenheit! Wie er, der euch berufen hat, heilig ist, so soll auch eure ganze Lebensführung heilig sein. Denn es steht geschrieben: Seid heilig, weil ich heilig bin! 

Impuls

Der hl. Benedikt rät im Kapitel 4 seiner Regel als ein Werkzeug der geistlichen Kunst: «Nicht heilig genannt werden wollen, bevor man es ist, sondern es erst sein, um mit Recht so genannt zu werden.»

Das Seligsprechungsverfahren, das für Bruder Meinrad läuft, dient eben genau dazu, zu prüfen, ob er heilig war und entsprechend gelebt hat, um ihn dann mit Recht so nennen zu dürfen. In einem ersten Schritt dieses Verfahrens versicherte man sich mithilfe von allem, was über sein Leben überliefert war und vor allem durch Befragung zahlreicher Zeugen, ob bei Bruder Meinrad die Tugenden Glaube, Hoffnung, Gottes- und Nächstenliebe sowie Klugheit, Gerechtigkeit, Mässigkeit und Starkmut vorhanden waren. Denn dies alles sind Haltungen, die den Lebenswandel eines Menschen dem angleichen, wie Gott den Menschen gewollt und geschaffen hat. Auf diese Weise nähert man sich dem Willen Gottes selbst an. Ein Mensch, der dies tut, kann heilig genannt werden, weil er sich Gott annähert, der als einziger aus sich heraus heilig ist. Tugendhaft zu leben, bedeutet also, die Aufforderung von 1 Petr 1,15-16 umzusetzen: «Wie er, der euch berufen hat, heilig ist, so soll auch eure ganze Lebensführung heilig sein. Denn es steht geschrieben: Seid heilig, weil ich heilig bin.» Nach ausführlicher Prüfung des Lebenswandels von Bruder Meinrad kam man am 28. Mai 1960 zu dem Schluss, wie es im Dekret über den heroischen Tugendgrad von Bruder Meinrad Eugster heisst: «Nachdem Papst Johannes XXIII. das heilige eucharistische Opfer fromm gefeiert hatte, erklärte er, die Tatsache der heroischen Tugendübung durch den verehrungswürdigen Diener Gottes Meinrad Eugster stehe fest.»

Wenn einer nun also erklärtermassen heiligmässig gelebt hat, lohnt es sich doch auch einmal dem nachzuspüren, was für ihn Heiligkeit eigentlich bedeutete und ausmachte. In einem seiner Briefe wünschte er einem früheren Lehrling und Mitarbeiter in der Klosterschneiderei kurz vor seiner Diakonweihe 1901, dass Gott ihn immer mehr heilige. Dann führt er aus, Gott möge sein «Handel und Wirken segnen, daß die Liebe Gottes in ihm immer mehr entflamme, auf daß, je mehr er sich mit Gott vereint und sich ihm ganz zum Opfer geschenkt habe, er einstens im Himmel oben um so herrlicher gekrönt und mit Jesum in ewiger Liebe vereinigt werde.» Heiligkeit besteht also darin, in den Himmel, die Gemeinschaft mit Gott einzugehen und mit Jesus vereint zu werden. Eine solche Vereinigung mit Jesus setzt voraus, dass die Liebe Gottes gleich einer Flamme in einem selbst entzündet wird. Eine solche Selbstheiligung durch die Liebe, von Jesus entfacht und für den Einsatz für andere Menschen entbrannt, wünscht Bruder Meinrad auch einem Mitbruder in einem Weihnachtsbrief von 1884: «Möge das liebe Jesuskind in der armen Krippe Sie bescheren mit der Gnade eines steten inneren Frieden, Frieden mit Gott und in Gott durch ein ruhiges gutes Gewissen, dass Sie tröstet und stärkt in allen Leiden und Widerwärtigkeiten Ihres Lebens, in Ihren vielen Arbeiten und Hingebung in Ihren heiligen Berufe für die Ehre Gottes und zum Wohle der armen Menschheit, wie auch zu Ihrer Selbstheiligung um Vervollkommnung für den Himmel zu gewinnen. Möge in Ihrem Innern immer mehr lodern und brennen das Feuer der göttlichen Liebe, um so ganz für Jesu zu leben und Ihre anvertrauten Schäflein für ihn zu gewinnen.» In einem weiteren Brief wenige Monate später wünscht er ihm, schon auf dieser Erde einen Vorgeschmack der ewigen Vergeltung fühlen zu mögen, und zwar «durch ein ruhiges freudiges Gewissen, Frieden der Seele, immer mehr brennende Liebe für Jesus und so einstens in dieser Liebesgluth aufgelöst, ewig im Himmel bei Ihrem lieben heiligen Namenspatron sich freuen zu können.»

In der Liebesglut aufgelöst zu werden, bedeutet offensichtlich nicht, die eigene Identität und Würde als Person zu verlieren, denn man kann sich ja weiterhin freuen und behält sogar den eigenen Namenspatron, dem man nun erst so richtig nahekommt. Schon im Lebenslauf, den er für seinen Eintritt ins Kloster Einsiedeln geschrieben hat, bringt Bruder Meinrad sein Gefühl zum Ausdruck, dass er seinen innersten Sehnsüchten und dem, was seiner eigenen Person am besten entspricht, am meisten gerecht würde, wenn er sich fest der Liebe Christi und seiner Kirche anschlösse und sich ganz dem Herrn zum Opfer brächte. Und so schrieb er dann Jahre nach dem Ablegen seiner Gelübde auch einmal dem damaligen Abt, dass er «der lieben Gnadenmutter danken müsse für die grosse Gnade, hier als ein Diener Mariens sein Leben ihrem göttlichen Sohn aufzuopfern und weihen zu können.» Das verstand er als den tiefsten Sinn menschlichen Lebens, ganz besonders des Ordenslebens, Christus zu «lieben und das tägliche Kreuz mit Geduld tragen und so uns ganz ihm zum Opfer weihen», wie er an seine Nichte zu ihrem Klostereintritt bei den Dominikanerinnen in Cazis schrieb.

Beim Stichwort Weihe denkt man schnell an das Sakrament der Weihe, das Bruder Meinrad ja nie empfangen hat. Er wäre in seiner Jugend gern Priester geworden. Jedoch war es für seine Familie finanziell unmöglich, ihm, dem Jüngsten, den Besuch des Gymnasiums und ein Studium zu ermöglichen. Vielmehr musste er als Jugendlicher durch Fabrikarbeit und Hilfsarbeiten in einer Mühle und Bäckerei sogar zur Finanzierung des Schulbesuchs und Studiums zweier seiner Brüder beitragen. Einer davon, Johann Jakob, wurde auch tatsächlich Priester und feierte am 3. Mai 1868 seine Primiz. Dass Bruder Meinrad selbst dies nicht vergönnt war, liess ihn aber keineswegs verbittern, sondern im Gegenteil vertiefte er seine Hochachtung vor dem besonderen Dienst am eucharistischen Heiland, zu dem ein Priester geweiht wird. Dies bewies er besonders, als einen seiner Lehrlinge in der Schneiderei der Wunsch nicht losliess, Priester zu werden, und er ihm half, noch mit über 20 Jahren das klösterliche Gymnasium zu besuchen und schliesslich in einem anderen Orden Priester zu werden. Er war Gott zutiefst dankbar für seine unerforschlichen Wege und Ratschlüsse, die dies möglich machten. 

Solche Erfahrungen bestätigten ihn in seinem Vertrauen, dass Gott in allen Situationen und in allen Lebensumständen einen guten Weg finden würde und man sich nur in seine Hände zu legen brauche. Deswegen konnte er nicht nur im priesterlichen Wirken, sondern auch in seinem eigenen Leben als Ordensmann ein wahrhaft Gott geweihtes Leben erkennen. Doch auch diese Wertschätzung der klösterlichen und ehelosen Lebensform hinderte ihn nicht daran, selbst bei einem Freund, der das Kloster nach einigen Jahren wieder verlassen hatte, auch dessen Familienleben zu würdigen und ihm Mut zu machen, dass Gott ihn durch alle Sorgen und Nöte hindurch zu Glück und Segen führen werde. Dieses Grundvertrauen in Gott, das Bruder Meinrad für alle Menschen hatte, drückt er in einem Neujahrsbrief einmal so aus: «Es sind noch immer böse Zeiten. Wir wissen nicht, was das neue Jahr noch Alles bringen wird. Doch wir wollen Alles dem lieben Heiland im allerheiligsten Altarsakrament zu Füßen legen, er möge uns beschützen und führen, wohin der heiligste Wille Gottes uns haben will. Ihm sei unser Leben geweiht, auf daß wir Barmherzigkeit finden und uns einstens die Freuden des Himmels zu Theil werden.» 

Das eigene Leben Gott zu weihen, bedeutete für ihn, sich ganz in den Willen Gottes zu ergeben und darauf zu vertrauen, dass er es wahrhaft gut mit uns Menschen meint. Aus einem solchem ehrlichen Vertrauen konnte er alle Wege des menschlichen Lebens, auch in Nöten, Konflikten, Krankheit und angesichts des Todes, glücklich und zufrieden gehen. Denn er wusste, dass dies alles von der Liebe Gottes umfangen ist. In dieser Gewissheit, von Gott geliebt zu werden, entbrannte auch sein eigenes Herz vor Liebe zu Gott, so dass er gar nicht anders konnte, als im Alltag und gegenüber seinen Mitmenschen daraus zu leben. Darin erkannte man seine Heiligkeit.

Impuls zum Thema «Weihe und Heiligkeit» beim 5. Bruder-Meinrad-Tag am 14. Mai 2025 von Frater Meinrad M. Hötzel OSB

Einleitung

Der Impuls anlässlich des sechsten Bruder-Meinrad-Tages am 14. Juni 2025 hat den 100. Todestag von Bruder Meinrad Eugster zum Thema. Da das Centenarium seines Heimgangs in das Heilige Jahr 2025 fällt, das unter dem Motto «Pilger der Hoffnung» steht, wurde dafür das Begriffspaar «Hoffnung und Vollendung» gewählt. Wir sind eingeladen, uns von Bruder Meinrad ermutigen zu lassen, hoffnungsvoll unserer eigenen Vollendung in der barmherzigen Liebe Gottes entgegenzugehen.

Schriftlesung: Brief des Apostels Paulus an die Philipper 3,7-14

Was mir ein Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Verlust gehalten. Ja noch mehr: Ich halte dafür, dass alles Verlust ist, weil die Erkenntnis Christi Jesu, meines Herrn, alles überragt. Seinetwegen habe ich alles aufgegeben und halte es für Unrat, um Christus zu gewinnen und in ihm erfunden zu werden. Nicht meine Gerechtigkeit will ich haben, die aus dem Gesetz hervorgeht, sondern jene, die durch den Glauben an Christus kommt, die Gerechtigkeit, die Gott schenkt aufgrund des Glaubens. Christus will ich erkennen und die Macht seiner Auferstehung und die Gemeinschaft mit seinen Leiden, indem ich seinem Tod gleich gestaltet werde. So hoffe ich, auch zur Auferstehung von den Toten zu gelangen. Nicht dass ich es schon erreicht hätte oder dass ich schon vollendet wäre. Aber ich strebe danach, es zu ergreifen, weil auch ich von Christus Jesus ergriffen worden bin. Brüder und Schwestern, ich bilde mir nicht ein, dass ich es schon ergriffen hätte. Eines aber tue ich: Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus. 

Impuls

Für die Gedenkfeier zum 100. Todestag des Ehrwürdigen Dieners Gottes Bruder Meinrad Eugster lenken wir unseren Blick auf ein besonderes Möbelstück: einen massiv gebauten Lehnstuhl, dessen Rücken- und Armlehnen gepolstert und mit grünem Stoff bezogen sind. In diesem Stuhl ist Bruder Meinrad am Abend des 14. Juni 1925 verstorben. Er trägt darum für uns eine Botschaft der Hoffnung, der wir in diesem Impuls auf die Spur kommen wollen.

Vor genau 100 Jahren strahlte die warme Junisonne über dem Einsiedler Hochtal, aber der mit 77 Jahren für damalige Zeiten hochbetagte Bruder Meinrad fröstelte. Er hatte einen Katarrh bekommen und ein starker Husten schüttelte seinen geschwächten Körper. Innerhalb weniger Tage waren die physischen Kräfte aufgezehrt.

Bruder Meinrad verblieb im Krankenzimmer und sass meist in diesem Lehnstuhl. Sein Zustand verschlechterte sich zusehends, doch er blieb – nach dem Zeugnis seiner Mitbrüder – ruhig, geduldig und zufrieden. Immer wieder kamen Stossgebete über seine Lippen und er empfing alle Besucher mit einem freundlichen Lächeln. Er war dankbar für die vielen Dienste und Hilfestellungen, die ihm in diesen Wochen erwiesen wurden. So erwartete er seine Sterbestunde, die nicht mehr ferne schien. Besondere Freude bereiteten ihm in diesen Tagen jene jungen Patres, die am 6. Juni zu Priestern geweiht wurden und die jungen Brüder, die am 7. Juni die feierliche Profess abgelegt hatten und ihn mit einem Besuch ehrten. Die Begegnungen mit dem sterbenden Bruder Meinrad blieben diesen Mönchen ein Leben lang in Erinnerung. Wann immer die Atemnot gross wurde, setzte ihn der diensthabende Krankenbruder in den Lehnstuhl, um ihm durch das aufrechte Sitzen das Atmen zu erleichtern. 

Und so kam der Sonntag in der Fronleichnamsoktav, der 14. Juni 1925. Es war der feierliche Primiztag eines der kurz davor geweihten Neupriester des Klosters: Pater Anselm Knüsel. Am Morgen empfing Bruder Meinrad noch einmal die heilige Eucharistie als Wegzehrung für das letzte Wegstück seines irdischen Pilgerweges, der unweigerlich seinem Ende entgegenging. Den Tag hindurch war es ruhig in den Klostergängen und insbesondere im Zimmer von Bruder Meinrad. Denn die ganze Gemeinschaft nahm an den Feierlichkeiten rund um das erste Heilige Messopfer des Neupriesters teil. Diese Freude fand am Abend ein abruptes Ende. Denn um 19.15 Uhr erklang die Sterbeglocke. Bruder Meinrad rang nach Atem und das Herz setzte zeitweilig aus. Das Konzert, das die Schüler der Stiftsschule zu Ehren des Primizianten spielten, wurde sofort abgebrochen. Viele Mitbrüder kamen in sein Zimmer, wo sie nun die Sterbegebete sprachen. Bruder Meinrad sass im Lehnstuhl, die Hände gefaltet und schwer atmend. Sein Biograph, P. Thomas Jüngt, schildert den Heimgang von Bruder Meinrad mit folgenden Worten:

«Auf einmal hob Br. Meinrad das Haupt und blickte nach oben. Dann sank er mit einem Seufzer tot zusammen. Ohne eigentlichen Todeskampf hatte er unter den Gebeten seiner Mitbrüder ganz ruhig seinen Geist aufgegeben. […] Ganz ergriffen verliessen die Anwesenden das stille Sterbezimmer. Br. Damian, ein ergrauter Krankendiener, konnte sich nicht enthalten, einem Pater die Worte zuzuflüstern: ‘Ich habe immer gewusst, dass Bruder Meinrad etwas Besonderes ist. Und nun dieser Tod! Haben Sie es nicht gesehen? Während sonst die Sterbenden Haupt und Blick nach unten wenden, hat Bruder Meinrad hoch aufgerichtet und mit einem Blick zum Himmel sterben können.’» (S. 186-187). 

Bereits zwei Tage später wurde der Leichnam von Bruder Meinrad bestattet. Noch einmal musste der Verstorbene, wie so oft in seinem Leben, bescheiden zurücktreten. Denn wegen eines für den 17. Juni geplanten Ausflugs der Stiftsschule wurde die Bestattung vorgezogen und so nahmen nur sehr wenige auswärtige Trauergäste am feierlichen Requiem teil, welches nicht an dem für die Fronleichnamsoktav festlich geschmückten Hochaltar, sondern einem Seitenaltar gefeiert wurde. Seine sterbliche Hülle wurde im Anschluss in der Mönchsgruft unter der Weihnachtskuppel der Einsiedler Klosterkirche bestattet.

Wenn wir uns heute, genau 100 Jahre nach dem Tod von Bruder Meinrad, zu einer Gedenkfeier versammeln, dann tun wir es deshalb, weil für Bruder Meinrad der Tod nicht das Ende, sondern die Vollendung seines Lebens war. Er hat sich in seinem 50 Jahre währenden Ordensleben die Worte des Apostels Paulus aus dem Brief an die Gemeinde in Philippi zu eigen gemacht, die wir vorhin gehört haben: «Christus will ich erkennen und die Macht seiner Auferstehung und die Gemeinschaft mit seinen Leiden, indem ich seinem Tod gleich gestaltet werde. So hoffe ich, auch zur Auferstehung von den Toten zu gelangen» (Philipper 3,10-11). Damit die Macht der Auferstehung Christi auch in Bruder Meinrads Leben ihre volle Wirkung entfalten konnte, musste er durch die Schule des Leidens gehen. Gerade seine letzten Lebensjahre waren neben dem Grundton der hoffnungsvollen Zuversicht und der tiefverankerten Dankbarkeit immer wieder durchzogen vom Leiden an den abnehmenden Körperkräften, am Gefühl, nicht mehr nützlich zu sein und von gelegentlichen Ängsten, aufgrund seiner Unvollkommenheiten nicht Anteil am ewigen Heil zu haben. Doch immer kam ihm Gottes bedingungslose Treue und Barmherzigkeit zu Hilfe, immer siegte seine Hoffnung auf Gott, dessen Kraft in der menschlichen Schwachheit zur Vollendung kommt (vgl. 2. Korinther 12,9). Diese Hoffnung trug ihn nicht nur durch die Herausforderungen auf seinem letzten Wegabschnitt, sondern sie war eine Grundhaltung, die ihn sein ganzes Leben lang begleitete. Sie machte es möglich, dass Bruder Meinrad Schwierigkeiten, Widerwärtigkeiten und Leiden mit Ruhe und in Ergebung an den Willen Gottes ertrug. So hat er den Rat des heiligen Benedikt umgesetzt, der im Kapitel über die Werkzeuge der geistlichen Kunst seine Mönche anweist: «Spem suam Deo committere – Seine Hoffnung Gott anvertrauen» (RB 4,41). Wenn darum Arm- und Rückenlehne des Stuhls von Bruder Meinrad mit grünem Stoff bezogen sind, dann ist dies ein schöner Hinweis auf die Hoffnung, die ja traditionell mit der Farbe Grün in Verbindung gebracht wird. Die Hoffnung ist deshalb wie ein Polster, welches die Härte von Kreuz und Leid auch im Leben von uns Christen erträglich macht. 

In den Akten des Seligsprechungsprozesses wird im Kapitel über Bruder Meinrads heroische Übung der Hoffnung darauf hingewiesen, dass kaum einer seiner Briefe ohne Hinweis auf den Himmel ist. Der Himmel, das Geborgensein in der Liebe Gottes, war für Bruder Meinrad der ultimative Ort seiner Hoffnung. Sein ganzes Leben war auf den Himmel ausgerichtet. Dies ist eine Perspektive, die uns heutigen Menschen etwas abhandengekommen ist. Hier ruft uns Bruder Meinrad mit den Worten des Apostels Paulus auf, uns neu auf dieses letzte Ziel unserer Berufung auszurichten: «Ich vergesse, was hinter mir liegt, und strecke mich nach dem aus, was vor mir ist. Das Ziel vor Augen, jage ich nach dem Siegespreis: der himmlischen Berufung Gottes in Christus Jesus» (Philipper 3,13b-14).

Wir dürfen darauf vertrauen, dass Bruder Meinrad, diesen Siegespreis am 14. Juni 1925 in Empfang nehmen durfte. Er hat sich von Jesus Christus ergreifen lassen und ist ihm als Bruder im Kloster Einsiedeln nachgefolgt. Sein von Glauben, Hoffnung und Liebe geprägtes Leben strahlt noch heute aus und erinnert uns: «Unsere Heimat ist im Himmel» (Philipper 3,20). Denn auch unser Leben wird nicht im Tod enden, sondern von Gottes Liebe im Himmel vollendet werden. Möge Bruder Meinrad uns in der Hoffnung auf dieses Geschenk der Liebe Gottes bestärken, der nicht ein Gott der Toten, sondern der Lebenden ist (vgl. Lukas 20,38). Und wenn auch uns einmal Kreuz und Leid hart drücken, dann dürfen wir uns auf das «Polster» der Hoffnung besinnen. Und so möchte ich diesen Impuls schliessen mit einem Wort von Bruder Meinrad, das dieser 1920 an Benedikt Weissenrieder geschrieben hat: «Das menschliche Leben ist eben mit Kreuz und Bitterkeit erfüllt und wohl uns, wenn wir es mit Geduld aus der Hand Gottes annehmen. Es ist der beste Weg zum Himmel. Ist doch alles vergänglich auf dieser Welt, nur die Ewigkeit bleibt ewig.» Amen.

Impuls zum Thema «Hoffnung und Vollendung» beim 6. Bruder-Meinrad-Tag und 100. Todestag am 14. Juni 2025 von P. Philipp Steiner OSB

Einleitung

Der siebte Impuls anlässlich des Gedenkjahres zum 100. Todestag von Bruder Meinrad Eugster (1848-1925) ist dem Thema «Firmung und Zeugnis» gewidmet. Pater Meinrad M. Hötzel erschliesst dabei die Bedeutung des Sakraments der Firmung für ein christliches Lebenszeugnis im Leben des Ehrwürdigen Dieners Gottes.

Schriftlesung: Zweiter Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Korinth 1,21-22

Gott ist treu, er bürgt dafür, dass unser Wort euch gegenüber nicht Ja und Nein zugleich ist. Denn Gottes Sohn Jesus Christus, der euch durch uns verkündet wurde - durch mich, Silvanus und Timotheus -, ist nicht als Ja und Nein zugleich gekommen; in ihm ist das Ja verwirklicht. Denn er ist das Ja zu allem, was Gott verheißen hat. Darum ergeht auch durch ihn das Amen zu Gottes Lobpreis, vermittelt durch uns. Gott aber ist es, der uns mit euch auf Christus hin stärkt und der uns gesalbt hat. Er hat uns auch sein Siegel aufgedrückt und als ersten Anteil den Geist in unsere Herzen gegeben.

Impuls

Am 13. Juli 1859 wurde Joseph Gebhard Eugster, der spätere Bruder Meinrad, von Bischof Johann Mirer von St. Gallen in Altstätten gefirmt. Mit dem Empfang dieses Sakraments sprach ihm der Bischof im Namen der Kirche zu, dass er mit dem Heiligen Geist besiegelt sei, den er schon in der Taufe empfangen hat. So sollte er gestärkt – das bedeutet das Wort Firmung dem lateinischen Wortsinn nach – sein Leben im Glauben gestalten und als Christ in Kirche und Welt davon Zeugnis ablegen. Was das praktisch im Leben des Ehrwürdigen Dieners Gottes bedeutete, dem wollen wir in diesem Impuls zum Bruder-Meinrad-Tag des Monats Juli nachgehen. So kann uns Bruder Meinrad inspirieren, was Firmung und Zeugnis auch für unser Leben als Christen bedeuten.
Aus der Jugend von Bruder Meinrad sind keine Zeugnisse über sein Glaubensleben erhalten. So wissen wir nicht unmittelbar, wie er seine Firmung erlebt und was sie für ihn bedeutet hat. Über den jungen Joseph Gebhard zur Zeit des Empfangs seiner Firmung ist nur bekannt, dass er die Primarschule in Altstätten besuchte. In dieser Zeit erhielt er die wenige Schulbildung, die ihm seine Familie ermöglichen konnte. Aus der Einschätzung der Brüderinstruktors bei seiner Vorstellung für die Klosteraufnahme vor dem Kapitel der Mönche von Einsiedeln geht hervor, dass er sich für seine Herkunft und seinen Ausbildungsstand in seiner Zeit überdurchschnittliche Fähigkeiten im Schreiben und Ausdruck angeeignet hatte. Er liess sich also formen und prägen in dem Mass, in dem es ihm möglich war. Direkt nach dem Ende der Primarschulzeit konnte er seine Schulbildung aufgrund der Armut seiner Familie nicht vertiefen, sondern musste als 12- bis 14jähriger zur Finanzierung von Schulbesuch und Studium zweier Brüder gemeinsam mit seiner Schwester in einer Textilfabrik arbeiten. Er ist ein Jugendlicher, der sehr offen ist, sich mit seinen Fähigkeiten für die Menschen und für Gott einzubringen. Aufgrund der Prägung seines Umfeldes und seiner Zeit erscheint ihm der beste Weg dafür, das Nachspielen der Messe mit seinen Geschwistern Wirklichkeit werden zu lassen und Priester zu werden. Während er aber durch seine Fabrikarbeit einen seiner Brüder darin unterstützt, dass dieser dem Ruf zum Priestertum folgen kann, wird ihm die nötige Ausbildung verwehrt bleiben. Er verbittert darüber aber nicht, sondern tut bereitwillig das, womit er seiner Familie am besten helfen kann. Diese Bereitschaft, den eigenen Weg darin zu finden, dass er hört, wie er anderen helfen kann, wird für ihn sein ganzes Leben lang charakteristisch sein.

Sobald, als möglich lässt ihn sein Vater die anstrengende Fabrikarbeit beenden und als Gehilfe in einer Mühle und Bäckerei des angesehenen und grossmütigen Ehepaars Rist arbeiten. Bei dieser Familie wird er dann auch über ein Jahr wohnen. Nicht nur er war den Rists für diese Zeit sehr dankbar und blieb ihnen eng verbunden, sondern auch sie waren sehr beeindruckt von dem jungen Mann. So wurde er durch seine Sanftmut, seinen Fleiss und seine Frömmigkeit zum Beispiel und Vorbild für die Kinder der Familie Rist – und zwar so nachwirkend, dass man das Gedächtnis an ihn noch lange Zeit im Zimmer, das er bewohnte, bewahrte.

Mit seinem Verhalten weist der junge Joseph Gebhard sehr schön darauf hin, was das Sakrament der Firmung bewirken möchte. Denn die Prägung durch den Heiligen Geist, der in Taufe und Firmung geschenkt wird, möchte Christen dafür offen machen, sich im ganz Alltäglichen von Gott für das Wohl aller Menschen in Dienst nehmen zu lassen. Dies tat Joseph Gebhard selbst da, wo dadurch seine eigenen Lebenspläne verstellt zu werden schienen. Auch gibt die Gabe des Heiligen Geistes die Stärkung, Zeugnis für den Glauben abzulegen. Dies bedeutet aber nicht, dass man deswegen Gott unbedingt mit grossen Worten und Taten verkünden müsse. Joseph Gebhard war, wie seine ganze Familie, von stillem und zurückhaltendem, fast scheuem Wesen. Aber ohne sich verbiegen zu müssen, war er gerade in seiner einfachen und unscheinbaren Art ein überzeugendes Beispiel für ein glaubwürdiges Leben von Frömmigkeit und Nächstenliebe. 

Schon der junge Joseph Gebhard konnte so leben, weil er zutiefst überzeugt war, dass Gott ihn so annimmt und liebt, wie er ist. Es kommt nicht darauf an, was er leistet, welche Möglichkeiten und Perspektiven er in der Welt hat, welche Ämter, Güter und Würden er erlangt, Gott hat bereits in Taufe und Firmung ein endgültiges Ja zu ihm gesprochen. Darauf darf er vertrauen und daraus darf er leben. Paulus schreibt im Zweiten Brief an die Gemeinde in Korinth, dass Jesus Christus das Ja zu allem ist, was Gott verheissen hat. Genau das meint unser Ehrwürdiger Diener Gottes, wenn er im Alter, längst unter dem Ordensnamen Bruder Meinrad, seiner Nichte in einem Brief vor ihrem Eintritt in das Dominikanerinnenkloster Cazis die Hingabe und Liebe Christi für uns Menschen vor Augen führt und sagt, dass wir ihm darauf nicht anders antworten können als «dankend für sein bitteres Leiden und Sterben am Stamm des heiligen Kreuzes, der uns erlöst hat von dem ewigen Tode und den Himmel geöffnet hat, wenn wir ihn lieben und das tägliche Kreuz mit Geduld tragen und so uns ganz ihm zum Opfer weihen.» Dies kann kein Mensch aus eigener Kraft tun, deswegen bittet Bruder Meinrad auch in praktisch jedem Brief an seine Nichte, dass Gott sie stärke. 

Denn die Bestärkung Gottes haben wir Menschen alle immer nötig. Paulus schreibt an die Korinther im Fortgang zum obigen Zitat über Christus als das Ja Gottes, dass «Gott es ist, der uns mit euch auf Christus hin stärkt und der uns gesalbt hat. Er hat uns auch sein Siegel aufgedrückt und als ersten Anteil den Geist in unsere Herzen gegeben.» Wir müssen nicht darum fürchten, dass Gott uns die nötige Kraft für die Herausforderungen unseres Lebens gibt, sondern dürfen darauf vertrauen, dass er sie uns längst schon im Voraus geschenkt hat. Dies bezeugen die wirksamen Zeichen der Sakramente von Taufe und Firmung, in denen Gott sich uns zuwendet.

In diesem Vertrauen auf die Bestärkung durch Gott zu bleiben, braucht aber ständiges Sich-Einüben. Dies lebte Bruder Meinrad und legte gerade durch sein Beispiel, solches Vertrauen auszustrahlen und andere dazu zu ermutigen, Zeugnis für seinen Glauben ab. Praktisch bedeutete dies für ihn, sich selbst immer mit Gott zu beschäftigen und stets im Gebet mit ihm zu sprechen. Dies vermittelte er auch allen Menschen in seinem Umfeld, die ihn ergriffen im Gebet sahen, seine häufigen Stossgebete hörten, die er zum gemeinsamen Beten, Hören einer Predigt oder Feiern eines Gottesdienstes einlud oder denen er sein Gebet und das Aufopfern der Kommunion versprach. So war es wirklich glaubwürdig, wenn er beispielsweise einem Freund in Sorgen schrieb, dass er «Alles dem lieben Gott nach seinem heiligsten Willen überlassen und voll Vertrauen auf seine Hilfe hoffen will. Werdet ja nicht mutlos. Nehmet ein Tag nach dem Anderen. Alles dem lieben Gott aufopfern seinem Schutze und Hilfe fest vertrauen.» Aus Bruder Meinrads Mund waren das keine leeren Worte und blosse Vertröstungen, sondern er bezeugte mit seinem Leben, dass Gott treu ist. 

Mit diesem Lebenszeugnis konnte Bruder Meinrad den christlichen Glauben eindrücklicher verkünden als es durch so manche gelehrte Theologie oder beredte Predigt möglich wäre. Selbst seine Mitbrüder spürten das, wie ein junger Mönch bezeugte, indem er erzählte, dass er, wenn er einmal nicht mehr wusste, was die Benediktsregel zu etwas sagte, nicht in Büchern nachschaute, sondern einfach schaute, was Bruder Meinrad in einer solchen Situation tat, denn dieser war sozusagen eine lebendige Benediktsregel. Damit lebte Bruder Meinrad genau das, wozu das Sakrament der Firmung führen möchte: sich vom Heiligen Geist so durch die Glaubensbeziehung zu Jesus Christus formen zu lassen, dass man in der eigenen Lebenssituation – also bei Bruder Meinrad im Kontext des benediktinischen Klosterlebens – Gottes Liebe zu uns Menschen verkörpert. Dass dies auch mit der Firmung nicht von einem Tag auf den anderen gelingt, können wir wohl alle bestätigen. Bruder Meinrad kann uns jedoch Ansporn sein, uns ein Leben lang jeden Tag darum zu bemühen und uns die Kraft dazu von Gott schenken zu lassen.

Impuls zum Thema «Firmung und Zeugnis» beim 7. Bruder-Meinrad-Tag am 14. Juli 2025 von Pater Meinrad M. Hötzel OSB

Einleitung

P. Meinrad erschliesst im achten Impuls anlässlich des Gedenkjahres zum 100. Todestag von Bruder Meinrad Eugster (1848-1925) den Themenbereich «Taufe und Gotteskindschaft». Dabei geht es um die Bedeutung des Sakraments der Taufe und dessen grundlegende Bedeutung im Leben des Ehrwürdigen Dieners Gottes, der durch die Taufe zuallererst «Kind Gottes» ist.

Schriftlesung: Markusevangelium 1,9-11

Und es geschah in jenen Tagen, da kam Jesus aus Nazaret in Galiläa und liess sich von Johannes im Jordan taufen. Und sogleich, als er aus dem Wasser stieg, sah er, dass der Himmel aufriss und der Geist wie eine Taube auf ihn herabkam. Und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden. 

Impuls

Liebe Verehrerinnen und Verehrer von Bruder Meinrad, liebe Schwester und Brüder in Christus, Bruder Meinrad, noch unter dem Namen Joseph Gebhard Eugster, wurde am Tag seiner Geburt, dem 23. August 1848, in der Pfarrkirche Altstätten getauft. Er hatte somit keine bewussten Erinnerungen an seine Taufe und kommt auch in keiner erhaltenen Schrift direkt auf sie zu sprechen. Jedoch bedeutete die Taufe, dass er den christlichen Glauben geschenkt bekam, und wurde von seinen Eltern, Johann Ulrich und Anna Maria Eugster, in diesem erzogen. In seinem Lebenslauf, den er seinem Aufnahmegesuch ins Kloster Einsiedeln beilegte, drückte er seine Dankbarkeit aus, dass er von seinen Eltern, insbesondere von seiner frommen Mutter, «eine gute Erziehung in sittlicher wie in religiöser Hinsicht» erhalten hatte, und nannte diese Prägung durch seine Familie als ersten Beweggrund, der ihn zum Ansuchen um die Klosteraufnahme geführt hatte.

Er war in einem familiären Umfeld aufgewachsen, in dem der Keim der Gottesbeziehung, in der Taufe gnadenhaft empfangen, sich entfalten und wachsen konnte. Denn er hatte «das häusliche Glück in Liebe und Friede gegenseitig» erlebt und wusste von seinen glücklichen Kindheitserfahrungen her auch darauf zu schliessen, wie Gott sich als Vater seinen Menschenkindern zuwendet. So schreibt Bruder Meinrad in seinen Briefen, wenn er jemandem das Gebet verspricht oder Gutes und Gottes Segen wünscht, dass er in seinem «schwachen Gebete den lieben Gott darum recht kindlich bitten» werde. Auch lädt er seine Briefpartner gerne ein, sich «wieder recht kindlich dem göttlichen Herzen und der Fürbitte und dem Schutze der einsiedlischen Gnadenmutter Maria und unseres heiligen Vaters Benediktus» zu empfehlen. Für Bruder Meinrad ist es also wichtig, sich an Gott in der Haltung eines Kindes zu wenden. Dabei geht es ihm nicht um eine kindisch-süssliche Frömmigkeit, auch soll man Gott auch nicht leichtfertig gegenübertreten, stattdessen meint er das tiefe, unverbrüchliche Vertrauen, mit dem ein Kind auf die Liebe seiner Eltern antwortet.

Bruder Meinrad durfte sich in seiner Familie als geliebt erfahren und so solches Vertrauen lernen. In seinem ganzen Leben suchte er den eigentlichen Ursprung aller erfahrenen Liebe in Gott und bemühte sich, darauf mit tiefstem Vertrauen zu antworten. Wenige Jahre vor seinem Tod schrieb er an seine Nichte, eine Dominikanerin im Kloster Cazis, einige Zeilen, in denen zum Ausdruck kommt, wie sehr er sich darin eingeübt hatte: «Bei mir geht es im Alltäglichen vorwärts. Die Zeit geht schnell vorüber. Mit der Gesundheit geht es ordentlich und zum Sterben soll man gerüstet sein und in Gottes Namen, ich bin bereit. Ich vertraue auf seine Barmherzigkeit und Liebe, der uns so sehr geliebt hat und sein Herzblut für uns vergossen hat. Beten wir mit und füreinander, dass wir gut sterben können, besonders jetzt in der heiligen Fastenzeit und lieben wir Jesu über Alles besonders wenn wir das Glück haben, Jesu täglich im heiligsten Altarsakrament empfangen zu können. Haben wir einen grossen Glauben und eine kindliche Liebe zu ihm und wie wir ihn jetzt im Glauben empfangen, mögen wir ihn einst im Schauen besitzen in ewiger Herrlichkeit.»

In über 70 Lebensjahren und fast 50 Klosterjahren durfte Bruder Meinrad die Barmherzigkeit und Liebe Jesu Christi erleben und konnte auf sie sein Vertrauen setzen. Aufgrund dieses Vertrauens musste er keine Herausforderungen und Schwierigkeiten des Alltags, auch nicht von Alter und Krankheit fürchten, weil er wusste, dass Jesus ihn liebevoll begleiten werde bis zum Tod und dann in die ewige Herrlichkeit führen werde. Dafür war ihm der tägliche Empfang Jesu in der Eucharistie, diese innigste Begegnung mit ihm, Unterpfand. Deswegen konnte er ihn wie ein Kind lieben und an seinen immerwährenden Beistand glauben.

Es ist interessant, dass Bruder Meinrad die kindliche Liebe hier so klar Jesus Christus entgegenbringt. Wir fühlen uns im Allgemeinen ja eher als Kinder Gottes des Vaters und als Schwestern und Brüder Jesu. Dies ist theologisch auch völlig richtig, denn der einzige aus Gott geborene Sohn Gottes ist Jesus Christus und wir sind durch ihn von Gott als Kinder angenommen, wie Paulus im Galaterbrief schreibt: «Denn alle seid ihr durch den Glauben Söhne Gottes in Christus Jesus. Denn ihr alle, die ihr auf Christus getauft seid, habt Christus angezogen.» Besonders eindrücklich zeigt sich dies darin, dass Jesus Christus in Bezug auf unsere Taufe ja nicht nur derjenige ist, der mittels des Taufspenders eigentlich tauft, sondern auch Vorbild des Täuflings ist. Denn in den Evangelien wird uns ja sehr eindrücklich erzählt, wie Jesus Christus von Johannes im Jordan getauft wurde und dabei von Gottvater zugesagt bekam: «Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden.»

Dies gilt in der Taufe auch für jede und jeden von uns. Wir sind Gottes geliebte Kinder durch Jesus Christus, und zwar, wie Bruder Meinrad schreibt, weil « der uns so sehr geliebt hat und sein Herzblut für uns vergossen hat». Denn, wie es im Römerbrief heisst, mit Christus wurde «unser alter Mensch mitgekreuzigt», wurden wir «mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod, damit auch wir, so wie Christus, durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, in der Wirklichkeit des neuen Lebens wandeln». So kann Bruder Meinrad tatsächlich ganz berechtigt von «kindlicher Liebe» zu Jesus Christus sprechen, denn es ist dessen Hingabe, durch die wir Getauften zum neuen Leben geboren werden. 

Bruder Meinrad ist sich völlig bewusst, dass dieses neue Leben, das wir in der Taufe geschenkt bekommen haben und in dem er also seit dem Tag seiner Geburt stand, nicht einfach eitel Sonnenschein bedeutet und man sich genauso wenig darauf vertrösten muss, dieses erst nach dem Tod zu erhalten. So schrieb er einmal einem Mitbruder in einem Namenstagsbrief: «Möge Ihnen das tägliche Kreuz, das durch Ihre vielen Sorgen, strengen Arbeiten und Unannehmlichkeiten oft hart drücken mag, im Hinblick auf Jesu Christus der uns das Kreuz vorangetragen hat und in der Hoffnung auf die ewige Vergeltung süß u. angenehm werden und mögen Sie so gleichsam schon auf dieser Erde jenen Vorgeschmack fühlen, durch ein ruhiges freudiges Gewissen, Frieden der Seele, immer mehr brennende Liebe für Jesus, und so einstens in dieser Liebesgluth aufgelöst, ewig im Himmel bei Ihrem lieben heiligen Namenspatron sich freuen können.»

Von Bruder Meinrad können wir lernen, dass wir als Getaufte in einer kindlichen Haltung Jesus Christus gegenüber leben dürfen. Gerade wir, die wir wie Bruder Meinrad als Babys getauft und christlich erzogen und sozialisiert wurden und  vielleicht manchmal etwas wehmütig sind, weil wir keine bewussten Erinnerungen an unsere Taufe haben, können diese tiefe unterbewusste Prägung, als Kind unserer Eltern auch Kind Gottes zu sein, dankbar annehmen. Dieses Geschenk der Gotteskindschaft, so zeigt uns Bruder Meinrad, bedeutet aber nicht nur eine allgemeine Abhängigkeit und Verwiesenheit auf Gott, den Vater, weil er uns geschaffen hat, er unser Ursprung ist. Durch die Taufe wird unser Kindesverhältnis zu Gott viel konkreter. Da wir nämlich Kinder durch Jesus Christus sind und uns dessen als Getaufte auch bewusst sein können, können wir die Gotteskindschaft leben, indem wir Kinder Gottes sind, wie er es war – indem wir, wie er, unser Kreuz in den jeweiligen Herausforderungen unseres Lebens auf uns nehmen. Darin ist uns Christus aber vorangegangen und so heisst, mit ihm in kindlicher Liebe verbunden zu sein, auch, dass wir vertrauen dürfen, dass er dieses unser Kreuz mit uns trägt und uns süss und angenehm werden lässt, weil wir durch ihn bereits zum neuen Leben geboren sind.  

Impuls zum Thema «Taufe und Gotteskindschaft» beim 8. Bruder-Meinrad-Tag am 14. August 2025 von Pater Meinrad M. Hötzel OSB

Einleitung

Am 14. September feiern die Einsiedler Benediktiner zusammen mit vielen Pilgern aus nah und fern das Weihefest der Gnadenkapelle, besser bekannt unter dem volkstümlichen Namen «Engelweihe». Gemäss einer mittelalterlichen Legende soll Christus selbst unter Beteiligung von Engeln und Heiligen im Jahr 948 die Einsiedler Gnadenkapelle zum Heiligtum seiner Mutter Maria geweiht haben. Der Ehrwürdige Diener Gottes durfte die Nähe Gottes an diesem heiligen Ort ganz besonders erfahren. Da Bruder Meinrads einfache wie auch die feierliche Profess in den Monat September fallen, widmet P. Meinrad M. Hötzel den 9. Impuls im Bruder-Meinrad-Gedenkjahr den Themen «Lebensweihe und Beständigkeit». 

Schriftlesung: Psalm 119, 41-48

Es komme zu mir, HERR, deine Liebe, nach deinem Spruch die Rettung durch dich. Ich will Antwort geben dem, der mich schmäht, denn auf dein Wort vertraue ich. Entziehe niemals meinem Mund das Wort der Treue, denn auf deine Entscheide warte ich! Ich will deine Weisung beständig beachten, auf immer und ewig. Ich schreite hinaus ins Weite, denn deine Befehle suche ich. Ich will von deinen Zeugnissen reden vor Königen und ich werde mich nicht vor ihnen schämen. Ich ergötze mich an deinen Geboten, die ich liebe. Ich erhebe meine Hände zu deinen Geboten, die ich liebe, ich will nachsinnen über deine Gesetze.

Impuls

Liebe Verehrerinnen und Verehrer von Bruder Meinrad, liebe Schwestern und Brüder in Christus, am 5. September 1875, also vor 150 Jahren, hat Bruder Meinrad Eugster seine einfache Profess hier im Kloster Einsiedeln abgelegt. Nachdem er und die Gemeinschaft in seiner Kandidatur und im Noviziat prüfen konnten, ob die benediktinische Lebensweise für ihn geeignet und Einsiedeln für ihn der richtige Ort für dieses Leben ist, und er durch den Novizenmeister entsprechend vorbereitet wurde, wurde er durch die Gelübde Teil der Mönchsgemeinschaft; zunächst auf drei Jahre und dann mit seiner feierlichen Profess am 22. September 1878 auf Lebenszeit. Nach der Benediktsregel verspricht der Mönch in der Profess Beständigkeit, Gehorsam und klösterlichen Lebenswandel. Das bedeutet, nach der Regel des hl. Benedikt zu leben und durch aufmerksames Hören auf die Oberen und die Mitbrüder den Willen Gottes für sich in dieser Gemeinschaft zu suchen und zu leben, und zwar in Beständigkeit. Beständigkeit heisst natürlich erstmal das, was man in den Formulierungen der Professurkunden des 19. Jahrhunderts, und somit auch Bruder Meinrad, gelobt hat, nämlich Beständigkeit des Ortes. Also dass man als Mönch nicht einfach woanders hingeht, wenn es einem an einem Ort nicht mehr gefällt oder man meint, andernorts besser leben und mehr bewirken zu können. Bruder Meinrad war, bevor er nach Einsiedeln kam, einige Jahre als Schneidergeselle auf Wanderschaft gewesen; er war es gewohnt, immer dorthin zu gehen, wo es Arbeit gibt und wo er gebraucht wird. Ganz in diesem Sinne erklärte er auch in seinem Lebenslauf zum Gesuch um Aufnahme ins Kloster Einsiedeln, dass er auch bereit sei, in die Tochtergründung, St. Meinrad in den USA, zu gehen, wenn man ihn dort mehr benötigte. Diese Bereitschaft bekräftigte er nochmals 1886, als er aus eigenem Antrieb dem Abt vorschlug, ihn auszusenden in das kurz zuvor gegründete Priorat St. Benedict in Arkansas, USA, aus dem später die heute noch existierende Subiaco Abbey wurde. Wir wissen nicht, wie ausgeprägt der Wunsch von Bruder Meinrad war, in die amerikanischen Klöster zu gehen, aber da er doch mit vielen Argumenten versucht, den Abt zu überzeugen, könnte das schon ein echter Herzenswunsch von ihm gewesen sein, immerhin hatte er auch generell wohl eine grosse Neigung zum Einsatz in der Mission – so unterstützte er diese durch das Sammeln von Briefmarken. Jedoch war sich Bruder Meinrad voll und ganz bewusst, was er versprochen hatte und schrieb daher auch in seinem Brief an den Abt: «Ich will zwar durchaus nicht nach meinem Kopfe handeln und will und wünsche nichts anderes, als was und wie Sie wollen und wohin Sie mich hinstellen und befehlen, dafür habe ich meine feierliche Profess abgelegt und auch die Beständigkeit des Ortes gelobt.» Entsprechend akzeptierte er auch die Entscheidung des Abtes, dass er in Einsiedeln bleiben solle, und kam nie wieder auf dieses Anliegen zurück. 

Beständigkeit heisst aber nicht nur, an dem Ort zu bleiben, an dem man hingestellt ist und an dem man wirken soll. Beständigkeit bedeutet auch in einem allgemeineren Sinne, dranzubleiben. Dran an dem, was man sich vorgenommen hat, was man versprochen hat, nicht leichtfertig alles hinzuschmeissen, wenn es Schwierigkeiten gibt. Denn Bruder Meinrad wusste, dass auch das Klosterleben kein irdisches Paradies ist und dass es nicht immer einfach ist, die eigene Situation, Aufgabe und Rolle in einer Klostergemeinschaft zu akzeptieren. So schrieb er 1919 an seine Nichte zu ihrer Einkleidung im Dominikanerinnenkloster Cazis: «Doch kommen auch im Kloster Leiden und Versuchungen: Der Herr will auch, daß seine Braut durch Geduld, Demuth und Liebe täglich das Kreuz trage, und so Ihrem Bräutigam im Gehorsam und Unterwürfigkeit sich hinopfere, um so einstens um so herrlicher die Himmelskrone zu empfangen. Deßhalb, liebe Nichte, harret aus im Guten, seid immer recht demüthig. Seid zufrieden und glücklich wenn Ihr im Kloster als gute Schwester dem Herrn dienen könnt und beneidet nicht die höher stehen, als Gehorsam etc. Der liebe Gott hat auch Freude an einer einfachen guten Schwester, die Ihre Pflicht treu erfüllt und nur die Ehre Gottes und Ihr Seelenheil sucht.» 
Da hört man heraus, wie sehr Bruder Meinrad verinnerlicht hatte, dass nach der Benediktsregel der klösterliche Weg gerade am Anfang oft eng und beschwerlich erscheint, man aber deswegen keine Angst bekommen und nicht fliehen solle, sondern man vertrauen dürfe, dass er in die Weite des Herzens führen und man «in unsagbarem Glück der Liebe den Weg der Gebote Gottes» (RB, Prolog 49) laufen werde, wie es im Prolog der Regel heisst. 

Durch Beständigkeit lässt man auf diese Weise, das ganze Leben zum Verweilen in der Gemeinschaft mit Gott werden. Im weiteren Verlauf des oben zitierten Briefes schreibt Bruder Meinrad seiner Nichte: «Also alles aus Liebe zu Gott, in beständiger Übung Gottes Gegenwart nicht zu vergessen um so alles in Vereinigung mit Jesu, Maria u. Joseph Euer tägliches Leben dem dreieinigen Gott aufzuopfern.» Gerade in den Briefen an seine Nichte anlässlich ihres Ordenseintritts, in denen Bruder Meinrad über das Klosterleben schreibt, kommt er immer wieder darauf zu sprechen, dass er nach seinen fast 50 Jahren des Mönchslebens im Kloster glücklich und zufrieden ist und wünscht auch seiner Nichte, dass es ihr ähnlich ergehe. Solches Glück hängt für Bruder Meinrad nicht in erster Linie von den äusseren Rahmenbedingungen und angenehmen Lebensverhältnissen ab, sondern stellt sich dann ein, wenn man durch das Ausharren im Guten immer mehr in die Nähe Gottes in der Begegnung mit Jesus Christus und den Heiligen findet.

In dieser Hinsicht passt es sehr gut, dass der Bruder-Meinrad-Tag über Beständigkeit und Lebensweihe am 14. September mit der Engelweihe zusammenfällt. Denn an der Engelweihe wird ja gerade gefeiert, dass Einsiedeln und insbesondere die Gnadenkapelle ein Ort der unmittelbaren Begegnung mit Jesus Christus ist; dass hier Menschen seit Jahrhunderten erfahren, dass Jesus Christus persönlich in ihrem Leben wirkt. Auch Bruder Meinrad hatte eine sehr innige Verbindung zur Gnadenkapelle und schätze sie als einen Ort intensivster Gottesbegegnung, was er insbesondere als Ministrant in den Hl. Messen dort immer wieder erfuhr.

Für Bruder Meinrad wurde Einsiedeln durch sein beständiges Leben als Mönch zu einem Ort an dem er wirklich erfahren konnte, dass Gott sich ihm in Jesus Christus ganz persönlich zuwendet, wie es in Psalm 119 heisst, in dem der Beter auf besondere Weise sich vornimmt, beständig, auf immer und ewig, den Weisungen Gottes treu zu bleiben: «Es komme zu mir, HERR, deine Liebe, nach deinem Spruch die Rettung durch dich» (Ps 119,41). 

Impuls zum Thema «Lebensweihe und Beständigkeit» beim 9. Bruder-Meinrad-Tag am 14. September 2025 von Pater Meinrad M. Hötzel OSB

Einleitung

Am 30. September 1833 heirateten die Eltern von Bruder Meinrad und legten so den sakramentalen Grundstein für jene Familie, in deren Geborgenheit Josef Gebhard Eugster und seine sechs Geschwister aufwachsen durften. Aus diesem Grund ist der Impuls am 10. Bruder-Meinrad-Tag im Oktober 2025 dem Thema «Liebe und Familie» gewidmet. Dabei geht P. Philipp Steiner der Bedeutung der Familie als Raum der gelebten Liebe im Leben von Bruder Meinrad und unserem eigenen Leben nach.

Schriftlesung: Kolosser 3,12-16a

Bekleidet euch also, als Erwählte Gottes, Heilige und Geliebte, mit innigem Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Geduld! Ertragt einander und vergebt einander, wenn einer dem anderen etwas vorzuwerfen hat! Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr! Vor allem bekleidet euch mit der Liebe, die das Band der Vollkommenheit ist! Und der Friede Christi triumphiere in euren Herzen. Dazu seid ihr berufen als Glieder des einen Leibes. Seid dankbar! Das Wort Christi wohne mit seinem ganzen Reichtum bei euch. 

Impuls

Liebe Verehrerinnen und Verehrer von Bruder Meinrad, liebe Schwestern und Brüder! Als der Schneidergeselle Josef Gebhard Eugster für die Aufnahme in die Benediktinerabtei Unserer Lieben Frau von Einsiedeln einen Lebenslauf verfasste, schreibt er zu den Gründen, die ihn ins Kloster führen: «Zuerst den Eindruck guter Eltern, besonders einer frommen Mutter, deren ich zu verdanken habe, einer guten Erdziehung in sittlicher wie in religiöser Hinsicht. Die vielen guten Ermahnungen meiner Eltern, Geschwisterte zu Hause und in der Fremde. Das häusliche Glück in Liebe und Frieden gegenseitig, trotzdem wir sehr arm waren, lebten wir dennoch zufrieden und vergnügt» (Werlen, Ihr stets dankbarer Bruder Meinrad Eugster, S. 15).

Es sind berührende Worte, die der damals 25jährige im Blick auf seine Familie schrieb. Er schildert ein harmonisches Familienleben, das zwar im äusseren Rahmen einfach und bescheiden war, inwendig jedoch einen Raum der Liebe und damit eine wesentliche Voraussetzung für seine menschliche Reifung bildete. Dass Bruder Meinrad zeitlebens in grosser Dankbarkeit auf das Familienleben am Gätziberg oberhalb von Altstätten zurückblicken konnte, war keine Selbstverständlichkeit! Wer in Familie oder Gemeinschaft lebt, der weiss um die vielen Herausforderungen und Einschränkungen, die das Zusammenleben mit sich bringt. 

Die besondere Atmosphäre im Hause Eugster blieb auch den damaligen Zeitgenossen nicht verborgen. So stellte ein Nachbar der Familie folgendes Zeugnis aus: «Das Haus des Lehrers Eugster war zwar voll Menschen. Aber nie hörte man dort Zank und Lärm. Alle waren im Frieden» (Jüngt, Leben des Dieners Gottes Bruder Meinrad Eugster, S. 23). So konnte sich die Ermahnung aus dem Kolosserbrief im Kontext der Familie Eugster als gelebte Realität erweisen: «Bekleidet euch also, als Erwählte Gottes, Heilige und Geliebte, mit innigem Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Geduld! […] Vor allem bekleidet euch mit der Liebe, die das Band der Vollkommenheit ist! Und der Friede Christi triumphiere in euren Herzen» (Kol 3,12.14-15).

Wir wollen im weiteren Verlauf dieses Impulses die einzelnen Familienmitglieder kurz vorstellen sowie die Kinder- und Jugendjahre des jungen Josef Gebhard skizzieren, um so jene Menschen und Umstände zu vergegenwärtigen, die zur reifen Persönlichkeit des späteren Bruder Meinrad beigetragen haben. Denn auch im Leben des Ehrwürdigen Dieners Gottes gilt die theologische Maxime: «Gratia supponit naturam – Die Gnade baut auf der Natur auf». 

Die im Lebenslauf bereits erwähnte «fromme Mutter» war Anna Maria, geborene Rechsteiner. Sie hatte ihre familiären Wurzeln im Appenzellerland, doch waren schon ihre Eltern Bürger des Städtchens Altstätten im St. Galler Rheintal. Sie wurde 1810 geboren und verstarb 1871. Sie wird beschrieben als eine «tieffromme, innerliche Frau, die alle ihre zwölf Kinder als Himmelsgeschenk annahm und sie für Gott erzog» (Jüngt, S. 14). Zwölf Kinder? War Josef Gebhard, der spätere Bruder Meinrad, nicht das siebte und jüngste Kind? Tatsächlich musste Anna Maria Eugster von fünf Kindern Abschied nehmen, die allesamt unter fünf Jahren starben. So blieb unser Bruder Meinrad das jüngste von sieben Kindern, die das Jugend- und Erwachsenenalter erreichten. Den frühen Tod von fünf Kindern konnte die Familienmutter nur durch ihren starken Glauben tragen. Ansonsten ist von ihr aus der Literatur über ihren jüngsten – und bekanntesten – Sohn nicht viel überliefert. Es existiert von ihr auch keine Fotografie, weilte sie doch, als die Eugsters erstmals für ein Familienfoto posierten, bereits bei ihren fünf frühverstorbenen Kindern im Himmel.

Der Vater von Bruder Meinrad war Johann Ulrich Eugster, geboren 1809 und verstorben 1879. Er entstammte einer alten Altstätter Familie und amtete als Lehrer der Bergschule am Gätziberg. Seine Kinder – und damit auch der jüngste Josef Gebhard – besuchten jedoch nicht den Unterricht bei ihrem Vater, da ihr Heimwesen gerade noch innerhalb der Schulgrenzen des Städtchens lag, was einen weiten Schulweg mit sich brachte. Doch der Lehrerberuf von Vater Eugster reichte nicht für den Unterhalt der kinderreichen Familie. So war er als Bauer mit einem Stück Vieh und einem eigenen Garten Selbstversorger und verdiente sich nebenher als Stricker in der Heimarbeit noch etwas hinzu. In Altstätten war Johann Ulrich Eugster bekannt für seine Güte und Freundlichkeit und auch für seine helfende Hand für Menschen in Not – trotz der eigenen einfachsten Lebensverhältnisse. Zusammen mit seiner Frau Anna Maria, die er am 30. September 1833 heiratete, gab er seinen Kindern das Beispiel eines guten Menschen und gläubigen Christen. So wohnte im Hause Eugster auf dem Gätziberg oberhalb von Altstätten bei aller äusseren Armut «das Wort Christi mit seinem ganzen Reichtum» (Kol 3,16).

Die älteren Geschwister von Josef Gebhard waren: der intelligente Josef Anton (1834-1907), der zuerst als Stadtlehrer und später als Gemeindeschreiber von Altstätten wirkte; der bescheidene Johann Ulrich Niklaus (1836-1908), der zeitlebens als Maschinensticker arbeitete; der unruhige Carl Heinrich (1837-1876), den es als Geschäftsmann über Paris und New York nach England verschlagen hat; der fromme Johann Jakob (1844-1914), der als Priester segensreich in mehreren Pfarreien des Bistums St. Gallen wirkte; die treue Maria Anna (1846-1921), die als einzige Tochter des Ehepaars Eugster als Pfarrköchin ihres Priesterbruders wirkte; und der lebhafte Johann Florian (1847-1896), der es zuerst bei den Kapuzinern versuchte, dann aber ein tüchtiger Lehrer und Familienvater wurde. 

Josef Gebhard war also der jüngste in der Kinderschar und er hatte noch ein weiteres Alleinstellungsmerkmal, wenn sein Priesterbruder über ihn sagte: «Er war von uns allen der Brävste und Frömmste» (Jüngt, S. 16). Nach der Schule, die Josef Gebhard mit viel Freude und Fleiss besuchte, blieb neben der Mithilfe in Haus, Stall und Garten auch noch Zeit für unbeschwerte Spielereien mit seinen Geschwistern. Liebster Ort war ihnen der nahe Wald, wo sie eine kleine Kapelle errichteten und «Messe spielten». 

Die Eugsters gestalteten in ihrem Heimwesen am Gätziberg etwa 150 Meter oberhalb des Städtchens Altstädten ein in jeder Beziehung harmonisches Familienleben, durch welches – im Rahmen der damaligen Möglichkeiten – jedes der sieben Kinder die in ihm wohnenden Anlagen entfalten konnte. Im Rahmen der Möglichkeiten wohlbemerkt! Denn die bescheidenen finanziellen Mittel der Eltern ermöglichten nur zweien der sieben Kinder ein Studium. So musste Josef Gebhard nach nur sechs Jahren Primarschule vom 12. bis 14. Lebensjahr mit seiner Schwester Maria Anna in die örtliche Textilfabrik arbeiten gehen, um für die beiden Brüder Johann Jakob und Johann Florian das Studium finanzieren zu helfen. P. Thomas Jüngt schreibt über diese Zeit in seiner Bruder-Meinrad-Biografie: «Es war nicht angenehm für einen Jungen von 12-14 Jahren, der bisher sozusagen in Gottes freier Natur aufgewachsen war, Tag um Tag sich in den herzlosen Fabrikbetrieb einspannen zu lassen. Aber er und seine Schwester Marianne wussten es, dass ihr Opfer mithalf, zwei Brüdern das Studium zu ermöglichen. Doppelt schön war es dann daheim, wenn nach Arbeitsschluss der Fabriksaal mit der traulichen Wohnstube vertauscht werden konnte» (Jüngt, S. 24). Nach zwei Jahren konnte Josef Gebhard zum Kaufmann und Mühlebesitzer Johann Baptist Rist als Ausläufer und Magaziner wechseln, in dessen Haus er auch wohnen durfte. Deshalb blieb er mit der Familie Rist zeitlebens dankbar verbunden, auf die wiederum der junge Eugster einen bleibenden Eindruck machte. Mit 16 Jahren konnte Josef Gebhard auf Drängen seiner Mutter bei Schneider Hasler in Altstätten eine Lehre beginnen, die er 1866 mit der Gesellenprüfung abschloss, um dann im April 1867 als Schneidergeselle auf Wanderschaft zu gehen. Damit endete die Kindheit und Jugendzeit in Altstätten. 

Auch wenn sich die Wege der Eugster Kinder im Laufe der Zeit trennten, so blieb eine tiefe Verbundenheit untereinander bestehen, die auch das Leben von Bruder Meinrad weiterhin prägte – auch wenn er mit seiner Profess am 5. September 1875 Mitglied einer neuen Familie wurde: der Klosterfamilie der Benediktiner von Maria Einsiedeln.

P. Thomas Jüngt fasst die Kindheit und Jugendzeit von Bruder Meinrad mit folgenden Worten zusammen: «Trotz aller Beschränkung und Armut lebte im Hause des Bergschullehrers der Geist des Friedens, der Frömmigkeit und Fröhlichkeit und senkte sich in die Seele des kleinen Gebhard als kostbares Erbe fürs Leben» (Jüngt, S. 23). Diese besondere Atmosphäre, die Bruder Meinrad ein Leben lang prägte, half ihm, die gelegentlich auftretenden Schwierigkeiten im Klosterleben gut zu meistern. Er hat sich als geliebtes Kind seiner Eltern und als geschätzter Bruder seiner Geschwister erfahren dürfen. Dadurch konnte er eine gesunde und vertrauensvolle Gottesbeziehung entwickeln und später in einer Mönchsgemeinschaft – mit durchaus nicht nur einfachen Charakteren – den Menschen stets zugewandt bleiben. So hat er einmal einem hadernden Mitbruder den weisen Rat gegeben: «Nimm die Menschen wie sie sind, und nicht, wie du sie haben möchtest» (Jüngt, S. 148).

Uns allen aber, die wir im Zusammenleben mit anderen Menschen immer wieder an unsere emotionalen und charakterlichen Grenzen stossen, ruft Bruder Meinrad als Geheimrezept des christlichen Miteinanders die Worte aus dem Kolosserbrief zu: «Ertragt einander und vergebt einander, wenn einer dem anderen etwas vorzuwerfen hat! Wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!» (Kol 3,12).

Impuls zum Thema «Liebe und Familie» beim 10. Bruder-Meinrad-Tag am 14. Oktober 2025 von Pater Philipp Steiner OSB

Einleitung

Glaube und Versöhnung sind die Themen des 11. Bruder-Meinrad-Tags. In seinem Impuls zeichnet P. Philipp Steiner den konkreten Ausdruck von Bruder Meinrads Glauben nach und zeigt auf, in welchem Kontext Bruder Meinrad das Sakrament der Versöhnung empfing. Sowohl der Ausdruck seines Glaubens durch das Gebet als auch das Verständnis des Beichtsakraments sind im Leben von Bruder Meinrad stark zeitgebunden. Dennoch gestaltete die Gnade Gottes auch in den Begrenzungen seiner Zeit in Bruder Meinrad das Bild eines reifen, gläubigen und versöhnten Menschen.

Schriftlesung: Zweiter Brief an die Gemeinde in Korinth 5,17-21

Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. Aber das alles kommt von Gott, der uns durch Christus mit sich versöhnt und uns den Dienst der Versöhnung aufgetragen hat. Ja, Gott war es, der in Christus die Welt mit sich versöhnt hat, indem er ihnen ihre Verfehlungen nicht anrechnete und unter uns das Wort von der Versöhnung aufgerichtet hat. Wir sind also Gesandte an Christi statt und Gott ist es, der durch uns mahnt. Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen! Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden. 

Impuls

Liebe Verehrerinnen und Verehrer von Bruder Meinrad, liebe Schwestern und Brüder! Dem 11. Bruder-Meinrad-Tag sind die Themen Glaube und Versöhnung zugewiesen. Unter dem Begriff «Glaube» verstehen wir die erste der drei theologischen Tugenden und damit das Fundament eines christlichen Lebens. Beim Begriff «Versöhnung» denken wir in diesem Kontext zuerst an die Beichte, das Sakrament der Versöhnung, aber auch an eine gelebte Grundhaltung eines versöhnten Lebens. Wir wollen in diesem Impuls also dem konkreten Glauben von Bruder Meinrad nachgehen und uns fragen, welche Rolle die Beichte und die Versöhnung in seinem Leben spielten.

Doch dies ist kein leichtes Unterfangen! P. Thomas Jüngt gibt in seinem Buch über Bruder Meinrad folgende Begründung: «Obwohl er wenig sprach, am wenigsten über sich selber, so merkte man doch sofort, dass man einer ganz aufrichtigen, goldlautern Seele ohne Falsch und Arg gegenüberstand. Er hatte nichts zu verbergen und wollte es auch nicht. Einzig sein Tugendleben sollte geheim bleiben, aber auch das wünschte er ebenfalls aus Aufrichtigkeit. Denn der Diener Gottes fürchtete, man könnte wegen der paar kleinen Dinge, die er tat, etwas Grösseres bei ihm vermuten, was nach seiner Überzeugung falsch gewesen wäre» (Jüngt, Leben des Dieners Gottes Bruder Meinrad Eugster, S. 105). 

So wissen wir über Bruder Meinrads persönlichen Glauben wenig und können lediglich von den Glaubensäusserungen, die von seinen Mitbrüdern beobachtet worden sind, auf das innere Glaubenslicht schliessen. In der Abhandlung der Postulatoren für den Seligsprechungsprozess können wir im Abschnitt über den heroischen Glauben des Dieners Gottes Folgendes lesen: «Sein Glaube und seine Glaubensbetätigung war nichts Gewohnheitsmässiges, sondern Leben, war die äussere Offenbarung der inneren Zustimmung zu den Wahrheiten des Glaubens». Die Übereinstimmung von Innen und Aussen drückte sich in einem ganz zentralen Element seines Glaubens aus: in der heiligen Eucharistie. Dazu heisst es im selben Dokument: «Seine äussere Haltung entsprach der tiefsten Ehrfurcht und Anbetung, die seine Seele erfüllten. Wenn er der hl. Messe diente, tat er dies mit einer Andacht und Ehrfurcht, dass aus jeder Bewegung und Dienstleistung sein lebendiger Glaube an die hl. Geheimnisse hervorleuchtete und selbst der zelebrierende Priester davon ergriffen wurde».

Die besondere Bedeutung der heiligen Eucharistie, wie sie sich im Mitfeiern der Heiligen Messe und im anbetenden Verweilen vor dem Eucharistischen Herrn geäussert hat, wurde bereits im Impuls «Eucharistie und Hingabe» am 14. April 2025 erläutert. Hier möchte ich deshalb auf weitere Elemente des Gebetslebens von Bruder Meinrad eingehen, welche seine inneren Glaubensüberzeugungen veranschaulichen.

Wie der Ehrwürdige Diener Gottes durch seine Verehrung der heiligen Eucharistie an den in den Gestalten von Brot und Wein gegenwärtigen Herrn glaubte, so verweisen seine Marienverehrung und seine Passionsfrömmigkeit auf weitere Aspekte des Christusglaubens. Oft versenkte sich Bruder Meinrad in die Betrachtung des Leidens Christi. Sprechendes Zeugnis dafür ist der von Wunden übersäte Gekreuzigte in seiner Zelle. Durch diese für uns heute martialisch anmutende Darstellung Jesu am Kreuz liess sich Bruder Meinrad zum Mitleiden anregen. Auch betrachtete er täglich den Kreuzweg und küsste – wenn er sich unbeobachtet fühlte – die Fusswunden des Gekreuzigten im Klausurgang. Die Jungfrau Maria, die der Welt den Erlöser gebar, verehrte er natürlich besonders durch die Mitfeier der Heiligen Messe und im persönlichen Gebet in der Einsiedler Gnadenkapelle. Aber er suchte an freien Tagen auch gerne deren Heiligtümer in Euthal und im Rickental auf. Da die Laienbrüder zur Zeit von Bruder Meinrad ausser an Sonn- und Feiertagen nicht am Chorgebet der Priestermönche teilnehmen konnten, betete er täglich das Marianische Offizium – wenn immer möglich gemeinsam mit einem Mitbruder. Überhaupt liebte er es, mit anderen gemeinsam zu beten. Von Bruder Norbert Lössner (1860-1943), einem besonderen «Gebetsfreund» von Bruder Meinrad, mit dem er ungezählte Rosenkränze gebetet hat, ist ein besonders schönes Wort überliefert, das P. Thomas Jüngt zitiert: «Wir waren viel beisammen und haben viel miteinander gebetet, aber nur ganz wenig geredet» (Jüngt, S. 66). Und er lässt einen anderen Mitbruder zu Wort kommen: «Was er betete, […] weiss ich nicht, aber, dass er immer betete, das merkte ich» (Jüngt, S. 66). Neben vielen Stossgebeten, die Bruder Meinrad in seinen Alltag eingeflochten hat, betete er mit besonderer Vorliebe auch aus Gebetsbüchern, die noch heute in seiner kleinen Handbibliothek erhalten sind. Darin sind besonders die Seiten mit Lob- und Dankgebeten stark abgenützt. P. Martin Werlen fasst das Gebetsleben von Bruder Meinrad zusammen: «Bruder Meinrad war bestrebt, ständig im Dialog mit Gott zu bleiben. Er wollte seinem Leben keinen anderen Sinn geben als das Dasein vor Gott. Das war seine ganze Freude – und die erfüllte ihn» (Werlen, Ihr stets dankbarer Bruder Meinrad Eugster, S. 36). Und diese Freude wollte er mit anderen Teilen, sei es durch das bereits erwähnte gemeinsame Gebet mit einzelnen Mitbrüdern, sei es durch sein Mitwirken beim «Gebetsapostolat», einem Gebetsnetzwerk, für dessen Koordination im Kloster Einsiedeln er verantwortlich war.

Es gäbe noch einiges über das intensive Gebetsleben von Bruder Meinrad zu berichten. Aber auch durch diesen kurzen Überblick wird deutlich, dass ein intensives, in den Alltag eingeflochtenes Beten eine äussere Entsprechung des inneren Glaubenslebens von Bruder Meinrad war. Das Gebet war für ihn echtes Bedürfnis, um seiner persönlichen Gottesbeziehung Ausdruck zu verleihen. Doch sein lebendiger Glaube strahlte noch in einem weiteren Aspekt auf: Er wollte das Glück, Christ sein zu dürfen, auch anderen ermöglichen. Und so hatte er einen besonderen Eifer für die Glaubensverbreitung und die Missionstätigkeit der Kirche. Als einfacher Bruder im Kloster Einsiedeln, dem ein Einsatz in der Mission in Nordamerika verwehrt blieb (ein entsprechendes Gesuch an Abt Basilius Oberholzer im Juni 1886 wurde negativ beantwortet), unterstützte er das Anliegen der Glaubensverbreitung, indem er eifrig Briefmarken für die Missionen sammelte. 

Auch wenn die Frömmigkeitsformen aus der Zeit von Bruder Meinrad nicht mehr die unsrigen sind und jeder Glaubende zu allen Zeiten nach seinem persönlichen Ausdruck im Gebet suchen muss: Bruder Meinrad bleibt uns ein Vorbild, wenn es darum geht, den Alltag aus dem Glauben heraus zu gestalten und eine authentische Gottesbeziehung zu leben. So konnte sich in seinem Leben das Wort des Apostels Paulus bewahrheiten: «Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden» (2 Kor 5,17).

Kommen wir nun im zweiten Teil dieser Betrachtung zur Frage nach der Rolle des Beichtsakraments und der Versöhnung allgemein im Leben des Ehrwürdigen Dieners Gottes. Doch gleich zu Beginn muss angemerkt werden, dass Bruder Meinrad gerade auch in der Bewertung der Sünde und dem Empfang des Busssakraments ein Kind seiner Zeit war und dass wir ihn in dieser Beziehung deshalb nur sehr begrenzt zum Vorbild nehmen können – nicht aus seinem eigenen Verschulden, sondern aufgrund der damals von der Kirche praktizierten Busspraxis. Denn damals herrschte allzu oft nicht das Bild vom barmherzigen Vater, sondern vom gerechten Richter vor. Aus diesem belasteten und belastenden Gottesbild heraus wurde die häufige Beichte – meist einmal in der Woche – praktiziert. Bruder Meinrad, der sich nie für etwas Besonderes hielt und vor allem auch keine Ausnahmen wollte, fügte sich in diese damalige Beichtpraxis ein und entwickelte ein entsprechendes Selbstbild als Sünder. 

Zwei Beispiele aus unterschiedlichen Phasen seines Lebens mögen dies illustrieren: ein Brief des 34-jährigen Bruder Meinrad und das Zeugnis seines letzten Beichtvaters über die Beichte in seinen alten Tagen. An seine geistliche Mutter Anna Maria Rist vom 31. Dezember 1882, schreibt er: «Beten Sie aber auch für mich armen Sünder, daß meine arme Seele nicht verloren gehe u. danken Sie für mich auch den Herrn, daß er mir so viele Gnaden u. mich von der Welt ins Kloster berufen hat». Hier zeigt sich deutlich die Wahrnehmung seiner selbst als gefährdeter Sünder. Allerdings ist es auch aufschlussreich, dass er sich in allen erhaltenen Briefen nur gerade zweimal als «armer Sünder» bezeichnet und nur ein einziges Mal den Begriff «Sünde» verwendet. Für den Kontext der damaligen Zeit geht er folglich sehr zurückhaltend mit dem Begriff um und zeigt damit deutlich, dass seine persönliche Gottesbeziehung vom Vertrauen auf Gottes Barmherzigkeit geprägt war. Dennoch lastete die damalige Beichtpraxis bis an sein Lebensende schwer auf ihm, wenn sein letzter Beichtvater nach dessen Tod über den greisen Bruder Meinrad berichtet: «[Gott weiss,] welche Bitterkeit für den guten Bruder Meinrad jedesmal die Beichte war, weil er halt einfach mit dem besten Willen nichts mehr zu beichten fand; aber in seiner Demut meinte der Gute obendrein todunglücklich, er sei so schlecht, dass er nicht einmal mehr seine Fehler erkenne» (Jüngt, S. 106f.). 

Hilfreicher und für uns heute nachahmenswerter ist hingegen Bruder Meinrads stetes Bemühen, ein in jeder Beziehung versöhntes Leben zu führen. Dies strahlte auch auf das Miteinander innerhalb der Klostergemeinschaft aus: Er warb um Nachsicht bei den Fehlern anderer, war ohne Zögern bereit zu stellvertretender Busse und half durch gutes Zureden, Fehler und Unstimmigkeiten untereinander zu beseitigen. Gleichzeitig konnte Bruder Meinrad auch noch in seinen alten Tagen sehr energisch auftreten, wenn Unrecht geschah, das nicht gutgeheissen werden durfte. 

Heilige werden nicht im Reagenzglas im sterilen Raum herangezüchtet, sondern in einem konkreten – und damit oft unvollkommenen – Kontext, in dem die Gnade Gottes sie zu jenen reifen Persönlichkeiten heranbildet, die Christi Züge tragen. Auch Bruder Meinrad war Kind seiner Zeit, gerade auch in Bezug auf den Ausdruck seines Glaubens in den damaligen Gebetsformen sowie im Bezug auf die Beichtpraxis und das damit verbundene Selbstbild als sündhafter Mensch. Dennoch strahlt uns aus dem engen Rahmen der damaligen Möglichkeiten eine reife, in sich ruhende Persönlichkeit entgegen, die mit der eigenen und fremden Begrenztheit versöhnt ist, weil sie sich in der Fülle der Barmherzigkeit Gottes aufgehoben weiss. Und so vergegenwärtigt das Lebens- und Glaubenszeugnis von Bruder Meinrad die Worte des Apostels Paulus im Zweiten Brief an die Korinther: «Wir sind also Gesandte an Christi statt und Gott ist es, der durch uns mahnt. Wir bitten an Christi statt: Lasst euch mit Gott versöhnen! Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden» (2 Kor 5,20-21).

Impuls zum Thema «Glaube und Versöhnung» beim 11. Bruder-Meinrad-Tag am 14. November 2025 von Pater Philipp Steiner OSB

Impuls dazu am Sonntag, 14. Dezember 2025

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